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Demolition Man
Demolition Man | USA | 1993
IMDb, OFDb, Schnittberichte
Auch nach 30 Jahren muss man Marco Brambillas Sci-Fi-Actioner DEMOLITION MAN einiges lassen: Der Film, der nur wenige Monate vor dem völligen Durchbruch der CGI-Technik entstanden ist, sieht zum immer noch toll aus. Die Kulissen vermitteln eine glaubhafte nahe Zukunft, Technik und Fahrzeuge sind angenehm greifbar und diverse Matte Paintings stellen das friedfertige und moderne San Angeles sehenswert dar. Zahlreiche nette Ideen geben der Welt einiges an Individualität. Da erstaunt es doch sehr, dass Art Director Walter P. Martishius, der im gleichen Jahr am wahnwitzigen SUPER MARIO BROS. (1993) mitwirkte, sich bis heute vor allem als Designer der BARBIE-Animationsfilme ausgezeichnet hat. Nachvollziehbarer wirkt da schon die Beteiligung von Setdesigner Robert Gould, der sich vorher bereits um ROBOCOP (1987) oder DIE TOTALE ERINNERUNG – TOTAL RECALL (1990) verdient gemacht hat.
Das Ergebnis ist dann eine „heile Welt“, in der Beleidigungen sofort geahndet werden, Schwangerschaften einer Lizenz bedürfen und Sex nur noch per Gedankenübertragung stattfindet. Der Verzehr von Fleisch, das Raucher, Kontaktsportarten, Zigarettenkonsum und Benzinverbrauch sind gleich ganz verboten. Das ist natürlich weniger eine „heile“ als vielmehr eine „Brave New World“; die Namensgebung von Sandra Bullocks Figur Lenina Huxley verweist somit gleich im doppelten Sinne auf den Vater dieses Gedankens. Anders als bei Aldous Huxleys Klassiker beängstigt San Angeles aber weniger, es belustigt viel mehr: Die Franchise-Kriege, die überzeichnete Höflichkeit und allerlei Späße (darunter der Popkultur gewordene Drei-Muschel-Gag) lassen die Rezipienten eher grinsend mit dem Kopf schütteln als Angstschweiß produzieren. Lediglich der nach außen väterlich-liebende, nach innen aber menschenverachtend-berechnende Anführer Cocteau (Nigel Hawthorne) lässt erahnen, dass Böses hinter der schönen Fassade steckt (natürlich mit Kamin und schwarzem Umhang)
Er holt nämlich den 1996 eingefrorenen verrückten Bösewicht Simon Pheonix (Wesley Snipes) in seine Zeit (2032), um seinen Gegner, den gegen das vermeintliche Utopia kämpfenden Edgar Friedly (Denis Leary) zu eliminieren. Da Phoenix‘ aus einer anderen Epoche stammende Gewalttätigkeit von der Polizeibehörde des friedfertigen San Angeles nicht eingehegt werden kann, holt sich diese den ebenfalls eingefrorenen Gesetzhüter John Sparten (Sylvester Stallone) herbei, der aus alten Tagen noch eine Rechnung mit Phoenix offen hat. Gegen fiese Kriminelle helfen halt nur fiese Bullen – man fühlt sich glatt in einen Poliziesco versetzt – nur in der Zukunft. Also ballern und prügeln sich Sly und Snipes quer durch die diversen Sets und zeigen den schlappen Zukunftsmenschen, was echte 90er-Action ist.
Aber halt! Wenn wir schon den Poliziesco-Vergleich ziehen, dann muss doch auch irgendwo jene reaktionäre Ader pochen, die die meisten Vertreter dieses italienischen Genres zu Höchstleistungen antrieb. Und tatsächlich, sobald Edgar Friendly zu Wort kommt, wird alles eindeutig: Der fordert nämlich eine Welt, in der er Fleisch futtern, sich Cholesterin nach Belieben zuführen und Zigaretten im Nichtraucherbereich rauchen darf. Friendly ist der unzufriedene Wutbürger in der Hülle des Anarchisten aus der Kanalisation. Plötzlich ist jeder Fleischesser ein Widerstandskämpfer gegen das düstere System. Wer den Nachbartisch im Restaurant mit Zigarettenqualm einnebelt, wird zum Verteidiger der Freiheit. Doof nur, dass in der abgelehnten Gesellschaft auch die Abtreibungen verboten sind – oder kämpft der anarchistische Kleinbürger nun auch für Abtreibungen?