Indiana Jones und das Rad des Schicksals
Indiana Jones and the Dial of Destiny | USA | 2023
IMDb, OFDb, Schnittberichte
So, Indys letzte Runde – zumindest in dieser Form. Aber man weiß ja heute nie. Die CGI-Exposition zeigt folglich auch, was heute alles möglich ist. Der junge Indy in der etwas zu lang geratenen Nazi-Zug-Eröffnung sieht (mit den üblichen Abstrichen) durchaus passabel aus und man gewöhnt sich beim Gucken erstaunlich schnell daran, sodass der Wechsel ins Jahre 1969 und zu einem oberkörperfreien Harrison Ford im Alter von 80 Jahren dann die gewünscht abrupte Wirkung erzielt. Das New York aus dem Computer sieht dann jedoch gleichsam schrecklich aus und das setzt sich fort: Tanger, Sizilien, der Sturm am Ende, alles leidet unter dem ewig-gleichen, artifiziellen Look, der gerade einem Abenteuerfilm, der ja ferne Orte ins Zentrum seiner Darstellung rückt, völlig unangemessen ist. Diesbezüglich ist der Genre-Vater leider keinen Deut besser als jüngere Epigone wie UNCHARTED (2022) oder THE LOST CITY – DAS GEHEIMNIS DER VERLORENEN STADT (2022).
Das Drehbuch, an dem neben dem Regisseur James Mangold auch der renommierte David Koepp beteiligt war, nimmt sich dann in der Folge oft zu wenig Zeit, Orte und Figuren in Ruhe zu zeichnen. Ständig steht die nächste Action-Sequenz parat, sodass ein ruhiges Etablieren der verschiedenen Settings kaum möglich ist. So verkommen die einzelnen Szenarien zu bloßen Hintergründen, ein Eintauchen wird den Zuschauenden unnötig erschwert; und so fühlt sich am Ende ein Film von über 150 Minuten merkwürdig rastlos an. Und wenn man so viel im Film unterbringen möchte, dann findet natürlich auch so mancher Quatsch seinen Weg ins Werk: Aal-Attacken, ein trotz Brustschuss ewig weitermachender Indy oder ein des Schwimmens nicht fähiger Junge, der unter Wasser einen Hünen dem Tode weiht – all solche Szenen sorgen für Kopfschütteln. Natürlich dürfen sie – genau wie die Zeitreise – in einem solchen Film vorkommen (Indy begegnete schon immer dem Phantastischen), aber die Häufung lässt doch stutzen.
Apropos Zeitreise. Auf den ersten Blick ebenfalls etwas weit hergeholt, erweist sich dieses Element letztlich durchaus als Kondensat des Films. Denn es geht um Zeit. Es geht um das Altern Indys (und Harrison Fords), es geht um die Wirkung von Zeit auf Beziehungen (z.B. zu Marion) und es geht um die Beschäftigung mit anderen Zeiten im Zuge der Archäologie. Als der von Mads Mikkelsen gegebene Antagonist Voller versucht, die Zeit auszutricksen, misslingt ihm das und selbst Indy scheitert mit seinem Wunsch, in der Antike zu bleiben, an der Faust Helenas (Phoebe Waller-Bridge). Letztere darf nach dem quengelnden Sohnemann-Versuch Shia LaBeoufs in INDIANA JONES UND DAS KÖNIGREICH DES KRISTALLSCHÄDELS (2008) durchaus als gelungen angesehen werden, auch wenn ihre Toughness am Ende leider allzu häufig ihre einzige Eigenschaft bleibt.
Zum Ende seien noch einige warme Worte gestattet. John Williams‘ Score orientiert sich zwar bisweilen bis in die Details an den Vorgängern, macht damit aber natürlich nichts falsch. Und ganz generell gelingt es dem Film, großen Respekt vor den Vorgängern zu zeigen. Es gibt kleine Anspielungen, hin und wieder mal einen Scherz, aber es kommt zu keinen anmaßenden Kommentaren oder vorwitzigen Versuchen, Neues zu etablieren. Man kann das als Mutlosigkeit interpretieren, aber da die Reihe in Anbetracht des Alters des Hauptdarstellers hier ihren Abschluss findet, kann man es auch wohlwollender auffassen: Wohin sollten etwaige Neuerungen noch zielen, was sollen sie anstoßen? Mir jedenfalls gereicht der Film zu einem letzten wohligen Zusammentreffen mit Indy und die geradezu beiläufige Schlussszene sagt mir, das James Mangold genau dieses Ziel hatte.