AVATAR – AUFBRUCH NACH PANDORA

Avatar – Aufbruch nach Pandora
Avatar | USA | 2009
IMDb, OFDb, Schnittberichte

Zur Form und Geschichte von James Camerons AVATAR – AUFBRUCH NACH PANDORA muss hier nicht mehr viel geschrieben werden. Er setzte 2009 sicherlich neue Maßstäbe in Sachen CGI-Technik und brachte das Gimmick 3D zurück in die Kinos – auch wenn die darauffolgende Welle an (ungleich schlechter produzierten) 3D-Filmen schnell wieder abebbte. Die formale Spielerei lockte unzählige Menschen in die Kinos und sorgte mit knapp drei Milliarden Euro an Einspiel dafür, dass der Streifen bis heute als der erfolgreichste Kinofilm aller Zeiten gehandelt wird. Voraus ging eine ewige Produktion und Bewerbung, was jedoch auch nichts daran ändern konnte, dass der Film letztlich vor allem als Medienereignis funktionierte und weniger als Spielfilm. Die Technik mag – auch aus heutiger Sicht – noch so überzeugend sein, es bleiben Computerbilder, die als solche zu erkennen sind. Insbesondere das knallbunte Artdesign macht es dabei unmöglich, hier irgendetwas mit „der Realität“ zu verwechseln. Und das gilt, obwohl die Computereffekte in AVATAR auch nach 13 Jahren immer noch gut aussehen.

Inhaltlich wollte Cameron, der seit TITANIC (1997) nur noch einige IMAX-Dokumentarfilme gedreht hatte, um sich diesem Projekt widmen zu können, natürlich kein Risiko eingehen und so schnappte er sich RED SCORPION (1988) und DER MIT DEM WOLF TANZT (1990) und übertrug die Geschichten auf einen fernen Planeten: Soldat Jake Sully (Sam Worthington) erhält den Auftrag, die „edlen Wilden“ Na’vi auf dem Planeten Pandora zu erkunden und zum Umsiedeln zu bewegen – oder der Auslöschung preiszugeben. Er verliebt sich in Neytiri (Zoe Saldana) und die Lebensweise der Na’vi gleichermaßen und kämpft letztlich an deren Seite gegen die Eindringlinge. Cameron fügt dem Sujet mit dem Konzept des namensgebenden Avatars allerdings eine neue Ebene hinzu. Der gelähmte Sully erhält erst durch die Übertragung seines Geistes in einen Na’vi-Körper Zugang zu Pandora und den Na’vi. Zwar gibt es auch hier ellenlange Lern-Montagen, aber der Film berührt zugleich eine aktuelle Diskursebene. Die Frage nach dem Wechsel von Körpern, der Zugehörigkeit zu Gruppen und die Möglichkeit, zwischen diesen verschiedenen Sphären zu interagieren war zurzeit der Veröffentlichung ein gesellschaftliches Thema und ist es noch heute. Dass Sully letztlich den Körper dauerhaft wechselt ist ein Ausrufezeichen hinter der zur Schau gestellten Permeabilität und dürfte manch konservativem Kinogänger ein Stirnrunzeln besorgt haben.

Die Darstellung der „edle Wilden“ Na‘vi soll dabei alle Zuneigung der Rezipienten auf sich ziehen. Sie sind irgendwie aus nordamerikanischen und afrikanischen Einflüssen zusammengebastelt, sprechen sogar mit einem ähnlich anmutenden Dialekt und interagierenden liebevoll mit der sie umgebenden Natur. Da sie groß und blau sind, kann Cameron natürlich alle unangenehmen Koinzidenzen von sich weisen, aber es bleibt diesem Thema natürlich die alte Kritik des Blickes von außen eigen. Ähnlich dem von Edward Said ausgeführten Orientalismus beschreibt hier halt ein reicher Weißer, wie er sich das naturverbundene Leben der „Naturvölker“ so vorstellt.

Am merkwürdigsten ist dann aber Camerons Weigerung, seinen Antagonisten einen Antrieb zu geben. Während der Rohstoff-gierige und sprechende-Namen-Prototyp Parker Selfridge (Giovanni Ribisi) wenigstens noch Geld verdienen will, ist Col. Miles Quaritch (Stephen Lang) einfach nur böse. Kann man dem Streifen noch zugutehalten, dass er Verstrickungen von Wirtschaft und Militär zeigt, so muss man ihm zugleich vorwerfen, dass er kein Wort über den Antrieb dieses Duos verliert: Irgendwo wird es Bedarf am begehrten Unobtainium geben, vermutlich unter der Bevölkerung der Erde. Aber das würde ja die „normale“ Erdbevölkerung zum Urheber der Zerstörung Pandoras machen und wäre somit für einen Blockbuster ungeeignet. Also lieber böse Typen und Militärs. Richtig tragisch wird es dann in der Quintessenz: Gegen die paar Militärhelikopter kann sich Eywa, eine Mischung aus Gottheit und „Mutter Natur“, noch zur Wehr setzen und für ein Happy End sorgen – gegen den dauerhaften Unobtainium-Hunger der Erdbevölkerung hätte Eywa aber keine Chance.

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