AVATAR: THE WAY OF WATER

Avatar: The Way of Water
Avatar: The Way of Water | USA | 2022
IMDb, OFDb, Schnittberichte

Zu technischen Seite von James Camerons zweitem Streich der auf fünf Filme ausgelegten AVATAR-Reihe mache ich es mir einfach. Alles, was ich zu AVATAR – AUFBRUCH NACH PANDORA (2029) geschrieben habe, gilt fort: Technisch beeindruckend, aber keineswegs „realistisch“. Der Rest ist Geschmackssache. Bemerkenswerter ist schon Camerons Mut, die Geschichte von 2009 in neuer Umgebung nachzuerzählen. Der mittlerweile zum dreifachen Familienvater gewordenen Jake Sully (Sam Worthington) muss mit Gattin Neytiri (Zoe Saldana) zwar nicht mehr das Funktionieren seines Avatar-Körpers erforschen, dafür bieten die Atolle der Metkayina aber genügend Möglichkeiten, erneut tollpatschig eine neue Umgebung kennen zu lernen. Das ewige Training dient dann gen Ende natürlich wieder dazu, die gierigen und naturfremden „Himmelsmenschen“ zu vertreiben, die zu allem Überfluss wieder vom „auferstandenen“ Col. Miles Quaritch (Stephen Lang) angeführt werden. War der Antrieb der Antagonisten schon im ersten Teil höchst dünn gezeichnet, wird es nun vollends absurd. Die Suche nach Unobtainium wird nicht mehr erwähnt, trotzdem sind die Bemühungen der Menschen, Pandora zu erobern, immens. Ob diese dem unsterblich-machenden Walöl dienen oder Quatrichs Rache ist egal – Hauptsache, die bösen Menschen fliegen mit ihren riesigen Gerätschaften wieder gegen die „edlen Wilden“.

Zudem setzt Cameron seinen Zuschauenden einige merkwürdig Hürden bezüglich der Sympathie für die Figuren vor. Zum einen darf Quaritch mitsamt seiner Mannen nun auch in einen Na’vi-Körper wechseln. So gibt es erneut Szenen zu sehen, in denen jemand den neuen Körper kennenlernen muss. Das sehen die Leute halt gerne. Dass hier ein eindimensionaler Bösewicht plötzlich tiefe Freude durch die Verbindung mit einem Flugwesen empfindet, kann man mit viel gutem Willen noch aus Versuch interpretieren, den Charakter vielschichtiger zu gestalten, das Verhältnis zu seinem Sohn Spider (Jack Champion) hingegen nicht. Zwischen Vaterliebe und nihilistischen Rachegelüsten mäandernd wird Quaritch zum völlig beliebigen Container für alles.

Auf der anderen Seite macht Cameron Jake zum militärischen Führer der Na’vi, der seine Söhne gleichsam drillt. Bietet die Familie ansonsten vor allem die Möglichkeit, gleich fünf Figuren die neuen Wasserwelten erforschen zu lassen – wir wissen schon, dass die Leute das halt gerne sehen -, wird zugleich ein Familienbild gezeichnet, bei dem Achtung und Respekt von Gehorsam und Leistung abhängen. Sturkopf Lo’ak (Britain Dalton) steht mit seinem Eigensinn folglich solange im familiären Abseits, bis er mittels selbstmörderischem Heldenmut seinen Vater rettet. Erst dann kann Jake „ihn sehen“ und ihn achten. Was eigentlich als hoffnungslos rückständiges Familienbild gelesen werden müsste, wird sicherlich manchem Kinobesuchenden eine Freudenträne ob der „schönen Familiengeschichte“ in Augen getrieben haben. Gruselig.

Und da Cameron bekanntlich ein Fan von allem ist, was sich unter Wasser abspielt, gibt es im Finale natürlich sinkende Schiffe, sich mit Wasser füllende Räume und sich liebende Menschen, die sich da raushelfen müssen. Immerhin ist diese Reminiszenz an TITANIC (1997) moderner als das eben erwähnte Familienbild …

4 Antworten zu “AVATAR: THE WAY OF WATER

  1. Hängt sicher vom eigenen Standpunkt ab, für mich ist der Streifen eine Anbiederung an das, was man nun woke nennt, ob nun aus Überzeugung oder Opportunismus sei dahingestellt. Abgesehen davon, daß ich den Plot auch inhaltlich infantil empfinde ist das nichts anderes als zeitgeistliche Propaganda. Technisch zwar eindrucksvoll gemacht, aber das waren die Filme von Leni Riefenstahl ebenfalls. Wenn ein Film mit einem Budget von einer Viertelmilliarde gut ausschaut ist das in etwa so eine Überraschung wie ein Ferrari der anspringt sobald man auf den Startknopf drückt. Abgesehen davon Geld einzuspielen macht „The Day of Water“ eigentlich gar nichts richtig, weder künstlerisch noch als Unterhaltung, die eine Fraktion schrecken die woken Inhalte ab, anderen können mit Traditionen und Leistungsprinzip nichts anfangen, damit sitzt der Film letztlich dann genau zwischen zwei Stühlen und ist eben kein Triumph, sondern eher ein weiters Indiz dafür, daß Kino sich gerade abschafft, sowohl künstlerisch wie auch als Leitmedium.

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    • Danke für deinen Kommentar.

      Indes bleibt eine Frage: Entspricht es Tradition und/oder dem Leistungsprinzip, wenn ein Vater seinen Sohn nicht um seiner selbst willen liebt? Oder an welchen anderen Stellen sollte Tradition und Leistungsprinzip Leute verschrecken?

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      • Gern geschehen.

        Dann antworte ich mal etwas ausführlicher.
        Selbstverständlich sollte ein Vater sein Kind um seiner selbst willen lieben. Dennoch sollten Eltern ihren Kindern auch Werte vermitteln und das Rüstzeug um im Leben selbstbestimmt bestehen zu können. Kinder brauchen Liebe und Geborgenheit, aber ab einem gewißen Alter auch Führung um zu lernen, wie man im Leben besteht.

        Persönlich halte ich es so, daß ich Altes nur gegen Neues tausche, wenn das Neue besser ist, warum sollte man Dinge einfach nur um der Veränderung willen ändern? So ist das auch mit Traditionen, die ja nicht zwangsläufig nur muffig sind, sondern auch Bindeglieder im menschlichen Zusammenhalt.

        Man muß sich nicht wie ein Besoffener am Laternenmast der Vergangenheit festhalten, aber es schadet nicht bewährte Werte wie eine Laterne auf dem Weg in die Zukunft zu nutzen, um nicht ganz die Orientierung zu verlieren. Die Welt verändert sich eh, die Frage ist nur ob man Veränderung erzwingt oder möglichst reibungsarm moderiert.

        Und Leistung sollte man nicht mit Gier verwechseln oder Ellbogendenken. Leistung ist aber insoweit wichtig, da sie hilft die eigenen Ziele zu verfolgen. Welche Ziele das sind muß ein jeder für sich entscheiden, aber so ganz ohne Leistung treibt man nur dahin. Kein Musiker lernt ein Instrument ohne vorher eben auch Leistung zu erbringen. Vor allem so ganz ohne Leistungsbereitschaft oder den Wunsch sich einzubringen kann kein Gemeinwesen funktionieren, weder im Kleinen, noch im Großen.

        Anders ausgedrückt der Mensch ist keine Zitrone aus der man Leistung herauspressen sollte. Das Leben ist aber ebenfalls keine Hängematte in der einem die Täubchen von ganz alleine in den Mund fliegen.

        Die Darstellung im Film ist natürlich Quatsch und geht an der Realität vorbei. Das ist Klischee, aber das nun einmal Hollywood. Ich ziehe andere Vaterbilder auch vor, Kinder sind schließlich keine Soldaten und sollten auch nicht so gedrillt werden, weiß aber aus eigener Erfahrung, daß ganz ohne väterliche Führung der Lebensweg deutlich steiniger werden kann.

        Ändert aber auch nichts an meiner sonstigen Einstellung, „The Way of Water“ ist vielleicht keine Vollkatastrophe, ich gehöre auch vom Alter her eindeutig nicht zur Zielgruppe, aber letztlich ist der Film irgendwie auch egal. Und daran sieht man dann den Unterschied zu anderen Werken von Cameron die jeweils in aller Munde waren, wirklich visonär waren, die man irgendwie gesehen haben mußte. Bei „The Way of Water“ verpaßt man nichts, der schmeckt wie ein Teebeutel den man zum zweiten Mal aufgießt. Da fragt man sich, warum man 13 Jahre auf eine Fortsetzung warten mußte, wo die Geschichte doch eigentlich schon mit dem ersten Teil auserzählt war.

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  2. Also ging es um die Stelle. Wir sind uns also einig, dass soldatischer Drill und – bei Abwesenheit des Drills – entzogene Liebe keine guten Konzepte für ein nachahmenswertes Vater-Sohn-Verhältnis darstellen. Gegen Eltern als Orientierungspunkte habe ich nichts gesagt, das ist sicherlich wichtig.

    Erneuten Dank für die ausführliche Rezeption!

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