Mission: Impossible
Mission: Impossible | USA | 1996
IMDb, OFDb, Schnittberichte
Nachdem sein gesamtes Team aufgrund eines Verrats zu Tode kommt, muss der IMF-Agent Ethan Hunt (Tom Cruise) sich alleine an die Aufklärung der undurchsichtigen Zusammenhänge begeben. Als dann mit Claire (Emmanuelle Béart) doch noch eine alte Bekannte auftaucht, ergeben sich darüber hinaus noch emotionale Unwägbarkeiten für Draufgänger Hunt.
Ethan Hunt (Tom Cruise)
Claire Phelps (Emmanuelle Béart)
Anfang der 90er Jahre hatte das Agentenfilm-Genre seine besten Zeiten wahrlich hinter sich. Waren die 60er und 70er Jahre durch das Zugpferd JAMES BOND sowie die unzähligen – meist ebenfalls europäischen – Nachahmer und Plagiate die Hochzeit dieses Genres, wurde es spätestens in den 80er Jahren ruhig um elegante Spione und smarte Frauenhelden. Stattdessen übernahm der waffenstarre Haudrauf die Gewalt über des Zuschauers Gunst des der Kinos Kassen. Da bedurfte es schon der zunehmenden Ideenlosigkeit, die aus heutiger Sicht ebenfalls eine Eigenschaft des Kinos der 90er Jahre ist, um den Typus Geheimagent mittels eines Rückgriffs auf alte Vorlagen wieder salonfähig zu machen.
Der nach Erfolgen wie TOP GUN – SIE FÜRCHTEN WEDER TOD NOCH TEUFEL (1986), RAIN MAN (1988), TAGE DES DONNERS (1990) oder INTERVIEW MIT EINEM VAMPIR (1994) auf seinem Karrierehöhepunkt angekommene Tom Cruise sah sich dann in der Lage, ein solches Projekt als Produzent anzugehen und schuf dafür zusammen mit der bekannten Staragentin Paula Wagner die Cruise/Wagner Productions, welche zusammen mit Paramount Pictures ein Budget von rund 80 Millionen US-Dollar zur Verfügung stellen sollten. Als Autoren engagiert man David Koepp, Steven Zaillian und Robert Towne, der bereits 1974 mit Roman Polanskis CHINATOWN einen echten Kracher fabriziert hatte, und gab ihnen Bruce Gellers von 1966 bis 1973 produzierte TV-Serie KOBRA, ÜBERNEHMEN SIE bzw. deren zwischen 1988 und 1989 entstandenen Ableger IN GEHEIMER MISSION als Vorlage.
Hunt: Es wird keiner getötet!
Krieger: Werden wir sehen.
Auf dieser Basis schuf die Autorenschaft dann ein Skript, welches einen ganz zentralen Zug der frühen Agentenfilm aufweist, sich sogleich jedoch stark von den erwähnten Vorlagen unterscheidet: Anstatt – wie in den Serien geschehen – eine facettenreiche Truppe in den Mittelpunkt der Geschehnisse zu rücken, wird mit der eigens für diesen Film ersonnenen Figur Ethan Hunt ein Einzelgänger in der Fokus genommen. Diese Entscheidung fußt zweifelslos auf dem Umstand, dass Cruise neben der Tätigkeit als Produzent auch die Hauptrolle im Film übernahm. Leider geht so aber auch das charmante Konzept der Serienvorlage über Bord und stattdessen wird alles für einen Alleingang des Starschauspielers hin ausgerichtet.
Diesbezüglich überrascht dann die Wahl des Regisseurs Brian De Palma. Dieser galt seit Werken wie CARRIE – DES SATANS JÜNGSTE TOCHTER (1976), DRESSED TO KILL (1980), BLOW OUT – DER TOD LÖSCHT ALLE SPUREN (1981) oder SCARFACE (1983) als künstlerisch einfallsreicher aber auch eigensinniger Regisseur, was dem Konzept des stark durch die Produzenten gelenkten Blockbusters eigentlich entgegensteht. Und tatsächlich weist MISSION: IMPOSSIBLE eher wenige der typischen Verfahrensweisen De Palmas auf. Zwar gibt es einige nette Montagen und Kamerafahrten und mit der berühmten Einbruchsszene liefert De Palma ebenfalls eine trefflich inszenierte Hommage an Jules Dassins Genre-Klassiker RIFIFI (1955) und TOPKAPI (1964) ab, aber dazwischen erwartet den Zuschauer doch allzu viel stereotyper Action-Leerlauf.
Spanisches Aushangfoto
Spanisches Aushangfoto
Das wird auch durch das Drehbuch befördert, welches sich nach einer angenehm durchdacht anmutenden Exposition sehr schnell in Logiklücken und Anschlussfehlern verläuft. Auch der filmübergreifende Spannungsbogen mutet stellenweise äußerst abenteuerlich an: die erwähnte Einbruchsequenz rückt den inszenatorischen Mittelpunkt quasi in die Filmmitte, während es in der Folge an überraschenden Wendungen und Geschehnissen mangelt; das ebenso unlogische wie unästhetische Finale unterstreicht diese Misskonzeption noch einmal. Der Film ist eben vollends auf Hauptrolle Hunt ausgelegt – auf Teufel komm raus.
Luther: Es gab nie einen konkreten Beweis, dass ich etwas zu tun hatte mit dieser … mit dieser … außergewöhnlichen Meisterleistung.
Diese wird dann von Cruise mit dessen typischem 90er-Jahre-Charme gegeben und wirkt dementsprechend etwas artifiziell. Waren schon die Agentenvorväter immer Herr der Lage und stets smart und überlegen, wirkt dieses Verhalten in der 90er Jahren ungleich unglaubwürdiger. Die Leichtigkeit der alten Zeit wird hier mit flotten Sprüchen und körperlichen Fähigkeiten aufgewogen, was das Bild des weltgewandten Geheimagenten nachhaltig beschädigt. Dagegen wirkt Oscar-Preisträger Jon Voight, der gerade erst Michael Manns Knaller HEAT (1995) abgedreht hatte, als Jim Phelps angenehm geerdet. Er ist der einzige, der Cruise Charakter ein wenig bindet, ihm letztlich sogar beinahe ebenbürtig erscheint. Emmanuelle Béart kann da als Claire leider nicht mithalten, Jean Reno als Krieger und Ving Rhames als Luther können zumindest kleinere Schmunzler einheimsen.
Neben der Einbruchssequenzen ins CIA-Hauptquartier (die übrigens schon bei der Veröffentlichung des Films hoffnungslos unglaubwürdig gewirkt haben muss) ist es dann vor allem der von Komponisten-Legende Danny Elfman neu arrangierte Score der TV-Vorlage, der dem Film einiges an popkultureller Bedeutung einbrachte. Larry Mullen Jr. und Adam Clayton, beide aus dem Hause U2 stammend, setzten selbigen dann um und sorgten so für schmissige Klänge. Und so sind es letztlich diese beide – nun tatsächlich hinlänglich erwähnten – Elemente, die MISSION: IMPOSSIBLE auch heute noch eine gewisse Bedeutung einräumen. Denn der Rest des Films stellt eher überschaubare Kost dar, die irgendwo zwischen Action-Blockbuster und Agenten-Hommage anzusiedeln ist und die als solche einfach zu uneigenständig und zu fixiert auf ihren Hauptdarsteller ist, als das sie mit etwas anderem als ihren Formalia überzeugen könnte.
Luther (Ving Rhames) und Krieger (Jean Reno)
Ethan in Aktion
Irgendwo zwischen Agentenfilm-Hommage und Action-Blockbuster angesiedelt, schafft es Tom Cruise‘ Alleingang abseits seiner zwei popkulturell hinlänglich bekannten Elemente nicht, eigenständig zu unterhalten. De Palmas uninspirierte Inszenierung und der weitgehende Verzicht auf eine Ausarbeitung der Charaktere tun dann ein Übriges.