OSS 117 – DER SPION, DER SICH LIEBTE

OSS 117 – Der Spion, der sich liebte
OSS 177: Le Caire nid d’espions | Frankreich | 2006
IMDb, OFDb, Schnittberichte

Eigentlich habe ich nicht viel für Agentenfilmparodien übrig. Zum einen, weil sie es sich meist sehr einfach machen (siehe die AUSTIN POWERS-Reihe), zum anderen, weil dem Genre des Agenten- respektive Eurospy-Films häufig mit Ignoranz und Missverstehen begegnet wird. Ja, man kann sich über sinistere Antagonisten, über skurrile Gadgets und swingende Tanzbars leicht amüsieren, verkennt dabei aber nur allzu schnell, dass das Unterhaltungskino der 60er Jahre nun mal ein sehr viel eskapistischeres war als es die heutigen Produktionen sind; ob es indes ein Vorteil ist, dass jeder gedankenlose Blockbuster dieser Tage so tut, als ob er etwas zu einem der großen Themen unserer Zeit zu sagen hätte (freilich ohne wirklich etwas zu sagen), muss an anderer Stelle beantwortet werden. Die Adaption der altehrwürdigen OSS 177-Reihe durch den französischen Regisseur und Autoren Michel Hazanavicius umschifft zumindest einige dieser Gefahren.

Die große Stärke von OSS 177 – DER SPION, DER SICH LIEBTE ist ohne Zweifels die überdeutliche Entlarvung der von Jean Dujardin gegebenen Hauptfigur Hubert Bonisseur de La Bath als rassistischer, sexistischer und klassistischer Depp. Sein überhebliches Verhalten gegenüber der sehr viel kompetentere Larmina El Akmar Betouche (Bérénice Bejo), seine herablassenden Allgemeinplätze über den Islam oder das rassistische Urteil über den Bau des Suezkanals verweisen auf die tatsächlichen Eigenschaften der unzähligen Eurospys aller Nummern und Codenamen – und ein kleines Bisschen auch auf die Komplizenschaft der Zuschauenden, die nur zu gerne mit ebenjenen Agenten in die „exotischen“ Gegenden der damaligen Welt reisten. Konterkariert wird dieses Konzept, wenn der Film sich dann aber in genau diese Komplizenrolle begibt und seinen Rezipienten eine Welt in Ägypten vorführt, die nur aus Klischees und Abziehbildern besteht. Ob es sich um einen genialen Kniff oder Gedankenlosigkeit handelt, vermag ich kaum zu sagen.

Die Geschichte um tote Agenten, kalten Krieg und fanatische Muslime dient wie zu erwarten eher als Rahmen für die – mal smarten, mal platten – Gags. Gerade zum Ende hier verliert sie spürbar an Fahrt und trudelt einem beliebigen Finale entgegen; die völlig unnötige Nazis-in-der-Pyramide-Sequenz diene an dieser Stelle als Beleg. Sie demonstriert jedoch gleichzeitig auch die großen optischen Qualitäten des Films. Neben gelungenen Sets und Kostümen trifft der Film einfach sehr schön den Stil der 60er Jahre. Mögen die obligatorischen Autofahrten vor Rückprojektion mittlerweile zum Parodie-Standard gehören, machen diverse Unschärfefilter und Einblendungen einen stilsicheren Eindruck. Am schönsten ist aber sicherlich die Idee, die Nacht per Blaufilter darzustellen, und dabei die Schatten der eigentlichen Tagaufnahme geflissentlich zu ignorieren – eine schönere Reminiszenz an die frühen 60er habe ich lange nicht gesehen.

Schließen möchte ich diesen Text aber mit einer Empfehlung. Der am Drehbuch beteiligte Jean-François Halin hat nämlich in den Jahren 2015 und 2018 die beiden Staffeln der grandiosen TV-Serie FRANKREICH GEGEN DEN REST DER WELT geschrieben. Sie orientieren sich an einem ähnlichen Konzept, sind aber ungleich trockener, ernster und pointierter – und somit lustiger. Und spannender. Insofern endet dieser Text doch noch mit einem Einschaltbefehl.


Antwort

  1. Avatar von OSS 117 – ER SELBST IST SICH GENUG | SPLATTERTRASH
    OSS 117 – ER SELBST IST SICH GENUG | SPLATTERTRASH

    […] den Grundsätzlichkeiten bezüglich Parodien des Eurospy-Kinos habe ich im Text zum Vorgänger OSS 117 – DER SPION, DER SICH LIEBTE (2006) bereits einige Worte verloren – und ebenso dazu, dass Regisseur und Autor Michel […]

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