UN BIANCO VESTITO PER MARIALÉ

Un bianco vestito per Marialé
Un bianco vestito per Marialé | Italien | 1972
IMDb, OFDb, Schnittberichte

Nachdem Marialé (Ida Galli) in ihrer Jugend Zeugin des Mordes an ihrer Mutter wurde, lebt sie als junge Frau auf einem abgelegenen Schloss zusammen mit ihrem Gatten Paolo (Luigi Pistilli), der sie strikt von der Außenwelt abschirmt. Als Marialé dann allerdings eine Gruppe von Freunden rund um ihren Ex-Liebhaber Massimo (Ivan Rassimov) einlädt, brechen sich all ihre psychischen Verwirrungen Bahn.

Nach einigen weniger beachteten Produktionen sollte Regisseur Romano Scavolini, der Genrefreunden vor allem für seinen außerordentlichen NIGHTMARE (1981) bekannt sein dürfte, 1972 auf den Giallo-Zug aufspringen, der – von den Herren Bava und Argento in Schwung gebracht – gerade große Erfolge versprach. Fast möchte man aufgrund der gotischen Pracht des den gesamten Handlungsort stellenden Schlosses davon ausgehen, dass insbesondere Bavas BLUTIGE SEIDE (1964) Pate für den nach einem Skript von Giuseppe Mangione und Remigio Del Grosso gedrehten Thriller stand.

Massimo: Halt dein Maul mit deinem idiotischen Gerede und deinen schmutzigen Küssen.

Der Film erfüllt mit einem manisch-verrückten Bösewicht, dekadent-enthobenen Exzessen und einigen expliziten und meist klingenbedingten Morden die üblichen Genrekonventionen, gönnt sich aber bisweilen einige Freiheiten. So ist nach dem Auftakt eine erstaunlich lange Durchstrecke zu überwinden, bevor dann schließlich nach 50 Minuten ein wahrer Reigen an Morden losbricht. Bis dahin schildert der Film detailliert die Ausschweifungen der Partygäste, welche somit einen Kern des Films darstellen. Irritierend ist dabei, dass die Völlereien, Liebeleien und auch Gewaltakte sehr unvermittelt und unbegründet beginnen. Was bei Festmahl und nacktem Tanz nur geringfügig irritiert, sorgt spätestens bei Übergriffen von Männlein auf Weiblein und scheinbar grundlosen Anfeindungen untereinander für Stirnrunzeln. Die Lesart dieser Geschehnisse als Verbildlichung von Marialés Psyche gestattet sich zwar, wird aber im weiteren Verlaufe des Films (und bis hin zu seiner sehr erwartbaren Auflösung) nicht weiter thematisiert.

Aus diesem Grunde wirkt auch die grundsätzlich großartig fotografierte Sequenz, in der die Feiergesellschaft sich durch einen windigen, dunklen, einzig von Blitzen durchzuckten Teil des Schlosses kämpft, irritierend deplatziert. Das ist insbesondere schade, da der ebenfalls als Kameramann agierende Scavolini hier einige Einstellungen hervorzaubert, die sich vor Gothic-Meister Bava kaum zu verstecken brauchen. Auch die folgenden Gewalttaten werden klasse in Szene gesetzt und erreichen – wie zum Beispiel der Mord im Pool – ein teilweise erschreckend hohes Maß an Intensität; auch dank der stimmigen Musikauswahl der bekannten Filmkomponisten Fiorenzo Carpi und Bruno Nicolai. Und obschon das Finale überaus erwartbar ausfällt, ist auch dieses schön fotografiert und obendrein mit ordentlichen Bodenschlag zum Beginn versehen.
Es ist also gleichsam irritierend wie ärgerlich, dass es Scavolini nur in Teilen gelingt, seinem Beitrag zum Giallo genügend Stringenz zu verleihen. An der Besetzung, die mit Ivan Rassimov und Luigi Pistilli großartig ausfällt, aber auch mit Pilar Velázquez oder Ezio Marano und nicht zuletzt der eindringlich spielenden Hauptrolle Ida Galli überzeugt, liegt das mit Sicherheit nicht. Letztlich fällt es erstaunlich schwer, den exakten Grund dafür auszumachen, warum UN BIANCO VESTITO PER MARIALÉ vielen seiner hochspannenden Genrekollegen einfach ein bis zwei Schritte hinterherhinkt – aber so ist das nun manchmal.

Trotz schöner Fotografie und souveräner Besetzung gelingt es Romano Scavolini leider nur in Teilen, seinen Beitrag zum Giallo vollständig auf das große Ziel, Spannung und Suspense, auszurichten – so mäandert der Film leider ein wenig zwischen Gothic-Horror und Pyschostudie umher.


Antwort

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