DAS GOLD VON SAM COOPER

Das Gold von Sam Cooper
Ognuno per se | Deutschland/Italien | 1968
IMDb, OFDb, Schnittberichte

Sam Cooper (Van Heflin) kann sich zwar des Umstandes rühmen, dass er einen geheimen Stollen mit einer Menge Gold entdeckt hat, doch er muss gleichzeitig anerkennen, dass er aufgrund fehlender Freundschaften nicht in der Lage ist, selbiges zu bergen. Also kontaktiert er seinen Ziehsohn Manolo (George Hilton), der jedoch einen undurchsichtigen Blondschopf (Klaus Kinski) im Gepäck hat. Böses ahnend nimmt Cooper also auch noch seinen alten Feind Mason (Gilbert Roland) mit und sorgt so selbst dafür, dass sich letztlich eine Bande auf den Weg macht, die nie und nimmer heil aus dieser Geschichte herauskommen kann.

Der italienische Regisseur Giorgio Capitani schlug sich vor allem mit einigen Sandalenfilmen und diversen Komödien durch die 60er Jahre und sollte diesen Weg auch Jahrzehnte später (nun immer häufiger in Bereich Television) fortsetzen. Umso erstaunlicher erscheint es da, dass er für das Produzenten-Duo Luciano Ercoli (dessen Tage als Regisseur zu dieser Zeit erst am fernen Horizont zu erahnen waren) und Alberto Pugliese 1968 einen Italowestern drehte – und nicht minder erstaunlich ist es ebenfalls, dass diese beiden Herren sich Gelder der deutschen Produktionsgesellschaft Richard Eichberg-Film besorgten, deren Zeit eigentlich mit der Einführung des Tonfilms abgelaufen war. Doch eine der Qualitäten des aus diesem skurrilen Zusammentreffen entstandenen Werks verbirgt sich darin, dass es belegt, dass derlei Zufälligkeiten immer wieder zu beeindruckenden Ergebnissen zu führen vermögen.
Maßgeblich daran beteiligt ist dann ein weiteres Duo, dieses Mal jedoch aus der Zunft der Autoren stammend. Fernando Di Leo (auch seine Zeit als vielbeachteter Regista sollte erst noch kommen) und Augusto Caminito bedienten sich für ihr Drehbuch zwar ohne Scham an John Hustons Klassiker DER SCHATZ DER SIERRA MADRE (1948), brachten aber dennoch genügend eigene Ideen mit ein, um sich nicht dem Vorwurf des bloßen Plagiats auszusetzen. Vor allem das alles umschließende Misstrauen fällt hier beispielsweise noch einmal deutlich eindringlicher aus als in Hustons Werk. Ab der ersten Minute ist dem Zuschauer klar, dass Cooper keinem Menschen trauen will und kann. Stellenweise scheint es fast so, als nehme der Zuschauer dessen Blickwinkel ein, doch im Verlaufe des Films zeigt sich bitterlich, dass tatsächlich jegliches Vertrauen bestraft wird; unabhängig vom Blickwinkel.

Sam: Seltsam, sobald du reich geworden bist, ist dein Leben einen Cent mehr wert.

Jeder bespitzelt jeden und schon bald kommt es zu Mordversuchen und anderen Hinterhältigkeiten. Dabei werden die Figuren geschickt nur in groben Umrissen dargestellt, sodass dem Zuschauer genügend Raum für eigene Vermutungen gelassen wird. Der Film zwingt einem kaum Erkenntnisse auf, er lässt einem stattdessen Raum. Dass er am Ende trotzdem zu einem klaren und konsequenten Schluss kommt, ist insofern erfreulich, als dass er die vollkommende gesellschaftliche Abgeschiedenheit seiner Hauptfigur Cooper so in den Vordergrund rückt. Dessen Eigensinn und Misstrauen seiner Umwelt gegenüber hat ihn nach 90 Minuten nicht nur einen austauschbaren Partner gekostet, sondern nun auch seinen quasi-Sohn und seinen wiedergefundenen Kumpanen. Das Ende fällt somit tieftraurig und aussichtslos pessimistisch aus.

Bis dahin gelingt Capitani in Zusammenarbeit mit seinem Kameramann Sergio D’Offizi, dessen bekanntestes Werk viele Jahre später einmal Ruggero Deodatos NACKT UND ZERFLEISCHT (1980) werden sollte, und dem mit dem Schnitt beauftragten Renato Cinquini, der kurz zuvor Damiano Damianis großartigen TÖTE AMIGO (1966) fotografiert hatte, eine unheimlich dichte und pointierte Inszenierung. Zahlreiche Matchcuts und Kamerafahrten sorgen für Schwung und Abwechslung und ganz nebenbei gibt es immer wieder tolle Einstellungen zu sehen, die das Misstrauen der Protagonisten auf den Zuschauer übertragen.

Der Blonde: Ein Glas Milch.
Der Wirt: Unsere Kuh ist heute ausgegangen, die trinkt mit ihren Freundinnen Tee.

Und als wären diese inhaltlichen und formalen Aspekte nicht schon genug der Pluspunkte, fährt der Film auch noch eine vollkommen stimmige und überaus fähige Besetzung auf. Klaus Kinski gibt den mysteriösen und unberechenbaren Blonden wie gewohnt gekonnt und die schattige Vergangenheit seiner Rolle unterstützt sein Spiel trefflich. Italowestern-Fachmensch George Hilton schwankt als Manolo wunderbar zwischen vorgeschürzter Locker- und tiefer Zerrissenheit und der US-Amerikaner Gilbert Roland beeindruckt nicht nur als ausdruckstarker Compagnon Mason, sondern legt in einer höchst brenzligen Situation auch noch ein legendäres Tänzchen auf den Wüstenstaub. Zusammengehalten werden diese drei dann von US-Mime Van Heflin, der in den vorangegangenen Jahrzehnten unzählige US-Western mit seiner Anwesenheit beglückt hatte. Heflin trifft die Melancholie seiner Rolle wunderbar und Cinquinis diversen Nahaufnahmen seiner Augenpartie übertragen Schmerz und Verlust direkt an den Betrachter.
Dass Star-Komponist Carlo Rustichelli dann auch noch einen schmissig orchestralen Soundtrack beisteuerte und der Film sich darüber hinaus auch nicht scheut, in einigen wenigen Momenten seine pessimistische Stimmung gegen pure Erleichterung einzutauschen (erwähnt sei hier nur kurz die Szene, in der der Regen das Misstrauen und die Anspannung hinwegzuspülen scheint), sind weitere Pluspunkte, die letztlich allesamt einen Eindruck untermauern: Giorgio Capitanis mehr oder minder zufälliger Ausflug in die Welt des ernsten und pessimistischen Films erweist sich als ein Glücksgriff! DAS GOLD VON SAM COOPER ist ein großartiger Italowestern, der fesselt und bewegt und der seine grundsätzlich altbekannte Geschichte mit einem tollen Cast und einer großartigen Inszenierung zu einem echten Erlebnis macht.

Giorgio Capitanis einziger Italowestern-Beitrag erweist sich als großartiger Vertreter seiner Zunft. Düster und pessimistisch, spannend und erschütternd dringt er auf seinen Zuschauer ein und macht mit seiner herausragenden Besetzung und der überaus eindringlichen Inszenierung innerhalb weniger Minuten vergessen, dass die Handlung eigentlich eine nur allzu bekannte ist.


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