Austin Powers – Das Schärfste, was ihre Majestät zu bieten hat
Austin Powers: International Man of Mystery | USA | 1997
IMDb, OFDb, Schnittberichte
Als sich der Superbösewicht Dr. Evil (Mike Myers) Ende der 60er Jahre einfrieren lässt, um Jahrzehnte später erneut seinen niederträchtigen Plänen nachgehen zu können, folgt Geheimagent Austin Powers (Mike Myers) diesem Beispiel. In den 90er Jahren kommt es zur Reaktivierung der beiden Gegenspieler, doch die Welt hat sich verändert und beide müssen sich neue Gepflogenheiten angewöhnen. Während Dr. Evil vor allem mit der veränderten Struktur seiner Geheimorganisation zu kämpfen hat, muss sich der bekennende Swinger Austin mit der emanzipierten Agentenkollegin Vanessa Kensington (Elizabeth Hurley) auseinandersetzen.
Nach den beiden unumwundenen Klassikern WAYNE’S WORLD (1992) und WAYNE’S WORLD 2 (1993) hatte der Kanadier Mike Myers das TV-Business, er war zuvor erfolgreich als Autor für die Sendung SATURDAY NIGHT LIFE tätig, hinter sich gelassen und sich als Spielfilmdarsteller und -drehbuchautor etabliert. In LIEBLING, HÄLTST DU MAL DIE AXT? (1993) versuchte sich Myers dann zum ersten Mal an einer Doppelrolle, bevor es ein paar Jahre lang ruhig um die Komödianten werden sollte. Doch das nächste Projekt war bereits in Planung, denn auf einer einsamen Autofahrt hatte Myers den Song The Look of Love von Burt Bacharach gehört, der 1967 für die JAMES-BOND-Parodie CASINO ROYALE (1967) geschrieben wurde. Derart an die diversen Agenten-Streifen der 60er Jahre erinnert, beschloss Myers, selbst einen solchen Film zu erschaffen. Und wenn man schon eine gute Filmidee hat, so schreib man das Drehbuch am besten auch gleich selbst.
Alotta: Wie können Sie nur vor mir einen Pups lassen?
Austin: Sorry Baby, ich wusste nicht, dass du an der Reihe warst.
Selbiges stellt sich dann vor allem als eine Hommage an die JAMES BOND-Filme der 60er Jahre heraus. Nahezu sämtliche Filme der Connery-Ära (aber auch spätere Vertreter) werden parodiert oder dienen als Inspiration. Dr. Evil ist eine Verquickung aus dem Agieren von Blofeld und dem Look von Dr. No, Austin selbst ist gewandet wie George Lazenby in IM GEHEIMDIENST IHRER MAJESTÄT (1969) und auch die zahlreichen Nebenrollen entsprechen in der Regel den diversen Figuren aus Ian Flemmings bekanntem Universum. Darüber hinaus nutzt Myers‘ Skript die Verortung der Agentenfilme in den 60er Jahren als Kontrast zur Moderne der 90er. So wie er das Konzept vom charme-triefenden Geheimdienstler 30 Jahre später wiederholt – und das, obwohl Brian De Palme im Jahr zuvor mit MISSION: IMPOSSIBLE (1996) die Novellierung des Genre vorgelegt hatte – so verschlägt es auch die Hauptfigur in eine Zeit, in der sie wie ein quitschbunter Fremdkörper wirkt. Aus dieser Disposition, die sich vor allem in der Spannung zwischen Austin und Vanessa manifestiert, zieht der Film seine meisten Gags. Freie Liebe gegen Prüderie, Tanzen gegen Schreibtischarbeit, ungepflegte Zähne gegen adretten Hosenanzug.
Letzteres Beispiel lässt dabei allerdings schon erahnen, in welche Richtung sich der Humor bei diesem Werk bewegt. Nicht nur, dass das Skript seinen Gags zu jedem Zeitpunkt den Vorzug gibt (und ein Spannungsbogen so nur recht schwerlich auszumachen ist), die Späße bewegen sich auch überwiegend im Bereich Fäkalhumor und prätentiöse Albereinen. Sie wirken so häufig vorhersehbar und platt, lediglich einzelne Pointen kommen wirklich überraschend; und funktionieren dann umso besser. Der Film ist so letztlich mitnichten langweilig, aber seine Art des Humors steckt eben doch sehr tief in den 90er Jahren fest.
Dr. Evil: Das hier ist meine Nummer Eins. Sein Name: Nummer Zwei.
Dafür ist es eine Freude zu sehen, wie engagiert Myers seine Figuren umsetzt. Austin Powers ist tatsächlich eine gelungene Hommage an die Agenten der alten Schule. Grell und direkt, um keinen noch so sexistischen Kommentar verlegen, greift er den Stereotypen jene Genres geschickt auf. Und auch die Figur Dr. Evil funktioniert als heillose Überspitzung des klassischen, in seiner Geheimbasis hockenden Antagonisten prächtig. Mindy Sterling als Frau Farbissina und Robert Wagner als Nummer Zwei erweitern den inneren Zirkel des Bösen gekonnt, während Seth Green diesen als enttäuschter Sohnemann Scott Evil gleich wieder konterkariert. Elizabeth Hurley gibt als Vanessa den starken Kontrast zur Hauptrolle und mildert so gleichzeitig die ansonsten omnipräsente Reduktion weiblicher Figuren auf ihr Äußerliches.
Auf dem Regiestuhl durfte Neuling Jay Roach Platz nehmen, jedoch ist seine Tätigkeit in diesem Falle fast zu vernachlässigen. Seine Inszenierung bleibt blass, auch weil Myers Skript ohnehin sämtliche Formalia vorwegnimmt. Gimmicks wie kurze Einspieler mit Tanzszenen, willkürlich Zeit- und Ortsprünge und diverse Musiksequenzen lassen Roach kaum Möglichkeit, eine eigene Handschrift zu zeigen. Neben Myers Band Ming Tea (im Abspann zu sehen) fährt der Filme eine große Menge zeitgenössischer Hits auf, die die lockere Atmosphäre zusätzlich stärken.
Obwohl mit recht positiven Kritiken bedacht, spielte der Film weltweit lediglich rund 67 Millionen US-Dollar ein; bei einem Budget von 17 Millionen zwar kein Reinfall, aber auch kein übermäßiger Erfolg. Auf dem Heimkinomarkt entwickelte sich der Streifen aber prächtig und ebnete so den Weg für den Nachfolger AUSTIN POWERS – SPION IN GEHEIMER MISSIONARSSTELLUNG (1999), der dann deutlich erfolgreicher werden und so AUSTIN POWERS IN GOLDSTÄNDER (2002) nach sich ziehen sollte.
Schmissige Agenten-Parodie, deren Gags aber leider häufig auf einem äußerst flachen Niveau daherkommen. Myers‘ engagiertes Spiel und die zahllosen Anspielungen vermögen das aber auszugleichen und sorgen für unbekümmerte Unterhaltung.