SCREAM

Scream
Scream | USA | 2022
IMDb, OFDb, Schnittberichte

Nachdem der 2015 verstorbene Wes Craven bereits mit FREDDY’S NEW NIGHTMARE (1994) die Verhandlung des Slasher-Genres auf Meta-Ebene losgetreten hatte, setzte er diesen Ansatz mit der SCREAM-Reihe trotz ständiger Drehbuch- und Produktions-Ärgernisse erfolgreich fort. Sieben Jahre nach seinem Verscheiden führen Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett dieses Vorhaben mit dem fünften Teil des Franchise‘ erstaunlich überzeugend fort. Schon ihre Eröffnung zeugt dabei von Verständnis und Feingefühl. Tara (Nachname: Carpenter (!); gespielt von Jenna Ortega) wird in einer Hommage an SCREAM – SCHREI! (1996) dieses Mal auf dem Handy angerufen, muss aber trotzdem ebenso zum Festnetztelefon greifen. Gillett und Bettinelli-Olpin versinnbildlichen hier bereits jene Verknüpfung von Original und Neuauflage, von Alt und Neu, die für den weiteren Film zentral sein wird. Zudem ersetzen die fiktiven Stab-Filme die Referenzen an reale Horror-Klassiker und unterstreichen diese Konzeption.

Folglich widmen sich die folgenden knapp zwei Stunden fast gänzlich der Frage, wie ein Requel funktioniert; und das auf mehreren Ebenen. Zum einen nimmt der Film bewusst die Struktur des Originals auf: es gibt wieder zwei Antagonisten, es treten zahlreiche alte Figuren auf und das Finale findet um gleichen Haus statt wie anno 1996. Ritchie darf in diesem Zusammenhang gar bekunden, dass es ein Jammer sei, dass er der Täter sei, weil das zu erwarten wäre. Zugleich vermuten auch mehrere Figuren diese Struktur. Während es vor 26 Jahren noch darum ging, dass die Charaktere die Mechanismen von Slasher-Filmen mehr oder minder erfolgreich antizipierten, steht nun im Fokus, das Funktionieren eines Requels zu durchleuchten. Unter diesem Gesichtspunkt wird das Mitwirken von Neve Campbell, Courteney Cox und David Arquette auch als Auftritt von legacy actors angesprochen, von denen einer sterben müsse, um ein Requel von einem „billigen Sequel“ zu unterscheiden (Hallo, STAR WARS!); logisch, dass genau das dann auch kurze Zeit später passiert. Und neben solchen geschickten Selbstreferenzen kommentiert der Film auch eine Entwicklung, die sicherlich zum Kern des aktuellen Requel-, Sequel-, Neuauflage-Booms in Hollywood gehört: Das künstlerische Tätigwerden der Fans von früher. Unzählige SciFi-, Action- und Horrorfilm-Reihen werden heute von Menschen fortgeführt, die vor 20 oder 30 Jahren selber Fans der Originale waren. Es ist die nächste Stufe der Fanfiction, seine Ideen nicht nur in irgendeiner beliebigen Form zu veröffentlichen, sondern tatsächlich als Film umsetzten zu können. Genau das tun die beiden Antagonisten im Film; sie sind Fans und schaffen einen Slasher-Film nach ihrem Geschmack.

Gillett und Bettinelli-Olpin inszenieren diesen tollen Ansatz dann auch flott, die Brutalität wird im Vergleich zum Original (teils unnötig weit) nach oben geschraubt und vor allem schwebt über fast jeder Szene die Stimmung, dass gleich der nächste parodische Seitenhieb kommt. Zuschauende müssen eher fürchten, eine augenzwinkernde Dekonstruktion zu erleben als einen Jumpcut. Das funktioniert über weite Strecken sehr gut und macht SCREAM zu einem durchweg unterhaltsamen Film. Einzig die von Cox und Campbell erneut verkörperten Gale Wheathers und Sidney Prescott nehmen sich da eigenartig aus. Während David Arquettes Dewey erneut Sympathieträger ist und sogar sinnvoll erweitert wird, kommen Gale und Sidney als überlebensgroße Superheldinnen daher, die massig Sprüche klopfen und über den Dingen stehen. Mit gutem Willen liest man das aber als Kommentar zur Glorifizierung ebenjener legacy actors und obendrein ist es Gale vergönnt, mit einer Aussage bzgl. der Täter („Der Wichser soll in Anonymität sterben, ich schreibe über den guten Sheriff“) einen passenden Kommentar zum leider viel zu häufigen Umgang von Journalistinnen und Journalisten mit Gewalttaten zu liefern. Ganz ohne Metaebene.

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