SEOUL STATION

Seoul Station
Seoulyeok | Südkorea | 2016
IMDb, OFDb, Schnittberichte

Yeon Sang-hos Anime-Prequel zu seinem Erfolgsfilm TRAIN TO BUSAN (2016) übt sich ähnlich wie sein Realfilm-Nachfolger an einer Südkoreanisierung des Zombie-Sujets. Hinter diesem Vorhaben tritt die bloße Storyline höflich zurück, besteht sie doch durchweg aus altbekannten Versatzstücken. Jedoch sind diese Bauteile stets in den gesellschaftlichen, politischen oder geschichtlichen Kontext Südkoreas gerückt, was ihnen durchaus interessante eigenständige Facetten verleiht.

So eröffnet der Film schon mit der Situation der obdachlosen Menschen rund um die Seoul Station und zeigt gesellschaftliche Kälte und ein starkes sozioökonomisches Gefälle. Die Obdachlosen erscheinen allen anderen nur als Störenfriede (Wachleute) oder Gefahrenquelle (Passanten), eine Kommunikation abseits dieser Zuordnung findet nicht statt. Diese Darstellung findet ihren Höhepunkt, wenn ein Polizist beim Angriff der Zombies auf eine Polizeistation entsetzt ausruft, dass die Obdachlosen angriffen. Auch die später kurz auftretende obdachlose Frau, die fälschlicherweise für einen Zombie gehalten wird, verdeutlicht noch einmal, dass Yeon Sang-ho sehr daran gelegen ist, die weitverbreitete Angst der Menschen vor nicht-angepasstem Verhalten mit der Sorge vor lebensbedrohlichen Zombies gleichzusetzen – und sie somit anzuprangern.

Auch Seoul kommt in Yeons Film nicht gut weg. Von den Einwohnerinnen und Einwohnern bekommt quasi niemand etwas von den Geschehnissen der Nacht mit. Die Straßen sind leer, sie sind unbelebt. Das kann bei rund 25 Millionen Menschen kaum ein Zufall sein; vielmehr möchte hier keiner etwas mitbekommen. Seoul – und somit der Hälfte der südkoreanischen Gesamtbevölkerung – scheinen die Ereignisse schlicht egal zu sein. Und damit am Ende auch sicher nichts nach außen dringt, wodurch am Ende doch noch jemand Notiz nehmen könnte, zitiert Yeon auch gleich noch das Gwangju-Massaker, indem er die Fliehenden von der militärisch auftretenden Polizei einkesseln und erschießen lässt. Zusammen mit Wohnungsnot, Prostitution und christlicher Überhöhung zeichnet der Film ein eher düsteres Seoul.

Die bis kurz vor Schluss recht belanglose Geschichte gönnt sich dann aber auch noch ein einfallsreiches Finale, wenn die Protagonistin Seok-gu am Ende ihren ehemaligen Zuhälter richtet. Ist es im Genre ansonsten ein eingeübter Moment der Trauer, wenn eine Hauptfigur gebissen und kurz darauf folglich zum Zombie wird, so eröffnet es Seok-gu hier die Möglichkeit, im Vergehen ihres menschlichen Lebens zumindest noch ihren Peiniger zu bestrafen. Damit ist zwar nicht alles gut, aber Seok-gu hat zumindest die Kraft, die sie braucht, um zurückzuschlagen. Und das, weil sie zu einer der vermeintlichen Außenseiterinnen geworden ist.

2 Antworten zu “SEOUL STATION

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