
The Wonderful Wizard of Oz
The Wonderful Wizard of Oz | USA | 1910
IMDb, OFDb
Die erste Filmadaption des berühmten Kinderbuchs von Lyman Frank Baum basiert was die Ausstattung anbelangt zu großen Teilen auf den Konzepten der 1902 an den Start gegangenen Bühnenfassung. Insbesondere der Blechmann, die Vogelscheuche und der Löwe scheinen sich geradewegs vom Broadway ins Filmstudio der Selig Polyscope Company begeben zu haben. Und dass ein Stummfilm aus dem Jahre 1910 ohnehin noch zahlreiche Eigenschaften eines Theaterstücks aufweist, dürfte darüber hinaus kaum erstaunen: Die Sets haben einen flachen, meist auf einen zentralen Fluchtpunkt hin ausgerichteten Aufbau, die Kamera bleibt stets statisch, die Darstellenden bewegen sich nach ihren Darbietungen meist seitwärts ab. Das – in den heute erhaltenen Fassungen erkennbare – Minenspiel ist Theater-gerecht übertrieben, gleiches gilt für sämtliche Gesten.
Wert gelegt wird der phantastischen Vorlage entsprechend auf einfallsreiche Sets und Hintergründe. Letztere bestehen durchweg aus bemalten Leinwänden, die auch durchweg als solche zu erkennen sind. Vor allem die Bauten erinnern häufig an die Klassiker Georges Méliès und wenn dann auch noch prunkvoll Kostümierte hindurchwuseln, werden unweigerlich Erinnerungen an DIE REISE ZUM MOND (1902) wach. Dabei ist jedoch neidlos anzuerkennen, dass die von Otis Turner inszenierte Literaturverfilmung der Finesse Méliès doch stets um ein bis zwei Schritte hinterherhinkt. Wären die Erscheinungsjahre vertauscht, würde das dem Gebotenen eher gerecht werden. Das soll jedoch weniger als Kritik an Turners Film verstanden werden, sondern vielmehr als eine weitere Adelung Méliès.
Einige Freiheiten nimmt sich der ebenfalls für das Drehbuch verantwortliche Turner dann noch. Dass am Anfang statt einer ganzen Farm lediglich ein Heuballen nach Oz verweht wird, dürfte wohl den tricktechnischen Möglichkeiten geschuldet sein, dass die Vogelscheuche schon in Kansas fröhlich umherstiefelt wohl eher der künstlerischen Freiheit. Ist auch alles in Ordnung so, denn seinem Ziel, der Phantastik einen weiteren frühen Auftritt im Kino zu ermöglichen, wird der Streifens durchweg gerecht.