BRENNPUNKT BROOKLYN

Brennpunkt Brooklyn
The French Connection | USA | 1971
IMDb, OFDb, Schnittberichte

1. Bevor William Friedkin 1973 mit DER EXORZIST zeigen sollte, dass der Teufel auch in kleinen Mädchen stecken kann, machte er mit seinem fünffach Oscar-prämierten Polizeifilm-Klassiker BRENNPUNK BROOKLYN deutlich, dass in Gesetzhütern auch Abgründe lauern. So wird Gene Hackmans Popeye gleich mal per rüder Misshandlung eines Verdächtigen eingeführt, um dann im Laufe des Films immer wieder über die Stränge zu schlagen. Seine Methoden unterscheiden sich kaum von denen der Gangster; im Vergleich zu den ruhig-souveränen Halunken aus Marseille wirkt er gar enthemmt. Sein von Roy Scheider gegebener Kollege Cloudy fängt das trotz einem spürbaren Mehr an Ruhe nur bedingt ein. Beiden gemein ist das fehlende Privatleben, nur einmal darf der besoffene Popeye des Morgens (!) eine Radfahrerin abschleppen. Der Schlusspunkt des Films, der nicht gezeigte finale Schuss, lässt die Zuschauenden letztlich mit dem unguten Gefühl zurück, hier einem durch den Film gefolgt zu sein, der eigentlich gar kein Guter ist – ein Motiv, dass der kriminelle Big Apple der 70er Jahre ja in Dutzende Filme hineingezwungen hat.

2. William Friedkin und Kameramann Owen Roizman, der drei Jahre später auch den ebenfalls granatenstarken NY-Streifen STOPPT DIE TODESFAHRT DER U-BAHN 123 (1974) fotografieren sollte, kleiden diesen inhaltlich schon ernüchternden Blick auf die Gesetzeshüter New York dann in ebenso ernüchternde Bilder. Quasi-dokumentarisch verfolgt die Kamera die Protagonisten durch ein graues New York, dessen zahllose Sehenswürdigkeiten hier keine Rolle spielen. Etablierende Shots zeigen heruntergekommene Straßenzüge statt 5th Avenue, ausbrannte Ruinen und Suburb-Monotonie statt Empire State Building und Rockefeller Center. Reduziert-bluesige Musik untermalt die Lethargie treffend und bereitet jene Höhepunkte vor, in denen Roizman zusammen mit den Darstellern durch die Straßen eilt. Mit einer Handkamera bewegt er sich neben den Mimen her, blickt durch Geschäfte auf sie und wendet sich gemeinsam mit ihnen um. Es sind diese Szenen, in denen man als Zuschauer aktiv an der Verfolgung der Verdächtigen teilnimmt – und in denen man draußen mit Popeye bei kalter Pizza friert, während die Gangster drinnen im Warmen edel dinieren. I-Tüpfelchen dieses schroff-dokumentarisch Stils ist dann der bisweilen eingestreut quasi-Off-Kommentar, in dem beispielsweise die Beschattung von Bocas Wohnung dargeboten wird.

3. Friedkin hält seine Protagonisten in ständiger Bewegung; er gibt ihnen keine Pause. Der ganze Film ist quasi eine einzige lange Verfolgungsjagd. Dafür verzichtet er wie bereits erwähnt darauf, die beiden Cops mittels eines Privatlebens genauer zu charakterisieren oder sie auch nur über Derlei sprechen zu lassen. Auch gibt es kaum Szenen auf dem Revier und Ermittlungsarbeit an Akte oder Telefon scheint ebenfalls nicht zum Repertoire von Cloudy und Popeye zu gehören. Sonst so übliche brüllende Vorgesetzte oder Konkurrenten in Form des FBI kommen zwar vor und dienen auch in gewissem Maße der Zeichnung der Hauptfiguren als unangepasst, haben aber letztlich keine große Bedeutung. Alles was für Friedkin zählt ist die ständige Bewegung seiner Protagonisten, die nie überlegen müssen, nie innehalten, nie zögern. Sie müssen sich nur weiterbewegen, um den Fall zu klären. Doch das sie nicht überlegen müssen, ist vielleicht auch ihre größte Schwäche.

8 Antworten zu “BRENNPUNKT BROOKLYN

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