Vampire gegen Herakles
Ercole al centro della terra | Italien | 1961
IMDb, OFDb, Schnittberichte
Vor seiner Zeit als Regisseur war Mario Bava bereits an zahlreichen Sandalenfilmen respektive Pepla beteiligt, darunter Werke wie Jacques Tourneurs bzw. Bruno Vailatis DIE SCHLACHT VON MARATHON (1959) oder Raoul Walshs DAS SCHWERT VON PERSIEN (1960) sowie Pietro Franciscis Genre-Blaupausen DIE UNGLAUBLICHEN ABENTEUER DES HERKULES (1958) und HERKULES UND DIE KÖNIGIN DER AMAZONEN (1959). Für genauere Infos über diese Zeit sei Tim Lucas‘ Standardwerk oder Oliver Nödings Booklet zur aktuellen Koch Media-Veröffentlichung empfohlen. Es war dann der Erfolg von Bavas erster eigener Regiearbeit, DIE STUNDE, WENN DRACULA KOMMT (1960), der es ihm ermöglichte, als zweite Arbeit einen eigene Peplum zu realisieren – auch wenn es außer Frage steht, dass er bei vielen vorangegangenen Filmen teils deutlich gewichtigere Aufgaben übernommen hat, als es seine Credits erscheinen lassen.
Und was soll man sagen: der Streifen ist randvoll mit Bavas einzigartiger Kunst, jedwede Umgebung in fantastisches Licht zu tauchen und somit für Stimmung zu sorgen. Schon der Prolog, spätestens aber der Beginn von Herks Queste sorgen für ein tolles Setting nach dem nächsten. Innerhalb weniger Minuten schippert der Heros über blutrote Meere, pflückt Äpfel in der Unterwelt und kämpf gegen das Steinmonster Prokrustes (das kurz zuvor noch seine Mitstreiter an die Länge der gewählten Betten anpassen wollte). Alles ist kunterbunt, aber nie verkommt die Ausleuchtung zur bloßen Staffage: sie folgt stets einem Konzept, geht flüssig ineinander über, lenkt das Auge oder kündet von Unheil. So erstaunt es nicht, dass sich Maurizio Lucidi vier Jahre später für sein beschämendes, da aus geklautem Material bestehendes Regiedebüt DIE HERAUSFORDERUNG DES HERKULES (1965) vor allem an diesem Klassiker Bavas bediente.
Aber auch Bavas stückelt ein wenig herum, denn das Skript aus den erfahrenen Federn der Herren Francesco Prosperi, Duccio Tessari und Sandro Continenza weist so manche Lücke auf. Führt nun der Apfel oder Prokrustes in die Unterwelt, warum muss der Apfel in Meer geworfen werden und warum um Himmels Willen vertraut Herkules seine liebe Deianira ebenjenem Lykus (wie (fast) immer ein Volltreffer: Christopher Lee) an, der schon zu Beginn des Streifens verkündet hat, dass ihr gesamtes Geschlecht ausgelöscht werden muss? Auch die Liebelei zwischen Schwerenöter Theseus und Persephone entwickelt sich arg rasch und sorgt für einen merkwürdigen Konflikt zwischen Herk und Theseus. Aber geschenkt, der Streifen zieht seine Faszination aus Bavas tollen Bildern (der Kampf gegen die echt gruseligen Vampire sei hier nicht unterschlagen) sowie Reg Parks schwungvoller Physis als Herkules, da reicht als Rahmen dann auch eine bunte Aneinanderreihung diverser antik-griechischer Mythen-Schnipsel.
Und apropos Reg Park. Der macht als Halbgott eine tolle Figur und im Gegensatz zu seinem etwas lakonischen Auftritt in HERKULES EROBERT ATLANTIS (1961) ist er dieses Mal ganz der Idealist und voller hehrer Ansprüche. Zur Erringung von wahrer Liebe und tiefer Freundschaft kennt er aber erneut nur ein Mittel: Muskelkraft. Er entwickelt sich im Laufe des Films zu einem Running Gag, dass Herkules fast jede Aufgabe mittels eines geworfenen Felsbrockens zu lösen vermag. Einen Apfel vom Baum holen? Ein Seil über Lava spannen? Man gebe dem Mann einen Felsen. Dass er dann auch noch den „Felsen“ Prokrustes wirft, um voran zu kommen, und seine Geliebte per Stein rettet, ist entweder ein dummer Zufall oder ein riesiges Augenzwinkern – ich hoffe auf Letzteres.
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