RAMBO 2. TEIL – DER AUFTRAG

Rambo 2. Teil – Der Auftrag
Rambo: First Blood Part II | USA | 1985
IMDb, OFDb, Schnittberichte

Mitte der 80er Jahre: Colonel Samuel Trautman (Richard Crenna) holt seinen Zögling John J. Rambo (Sylvester Stallone) nach einigen Jahren aus dem Arbeitslager, da er für einen hochbrisanten Auftrag einen außerordentlichen Kämpfer benötigt: Es muss herausgefunden werden, ob tatsächlich noch US-amerikanische Soldaten in Vietnam festgehalten werden. Unter der Gesamtleitung des zwielichtigen Marshall Murdock (Charles Napier) macht sich John auf den Weg nach Vietnam, um dort seine Kontaktperson Co Bao (Julia Nickson) zu treffen.

Während RAMBO (1982) noch einen nachdenklichen Blick auf den Vietnamkrieg und den Umgang der US-amerikanischen Bevölkerung mit ebenjenem warf, werkelte der Produzent Buzz Feitshans, der zwischendurch auch noch John Milius‘ einschlägigen DIE ROTE FLUT (1984) auf den Weg brachte, im Hintergrund bereits an einer Fortsetzung, die sich diesem Thema von einer gänzlich anderen Seite widmen sollte. Ähnlich wie Joseph Zitos MISSING IN ACTION (1984) sollte sich Feitshans nächstes Werk nämlich auch die selbst von oberster politischer Stelle verbreitete Behauptung, in Vietnam würden noch zahlreiche US-amerikanische Kriegsgefangene festgehalten, zu Nutzen machen. Das Drehbuch schrieb der gerade aufstrebende James Cameron zusammen mit Sylvester Stallone, auch wenn die Verantwortung für die ein oder andere äußerst zweifelhafte Aussage heute umstritten ist.

Rambo: Um den Krieg zu überleben, muss man selbst zum Krieg werden.

Und derer ist der Film reich. Seine ganze Anlage zielt überdeutlich auf eine Revision des Vietnamkriegs ab. John J. Rambo wird als Vertreter aller hehren Kämpfer zurück nach Vietnam geschickt, um arme Soldaten aus den Klauen des niederträchtigen Vietkong zu befreien – und nebenbei den Krieg doch noch zu gewinnen. Rambo begegnet den Widersachern mit größter Brutalität, die allerdings stets gerechtfertigt und angemessen erscheint. Regisseur George P. Cosmatos liefert immer eine „plausible“ Begründung, indem er die Vietnamesen oder Russen zuvor schlimmste Taten vollbringen lässt. Da landet Kuhdung bei den Gefangenen, es wird gequält und gematert, was das Zeug hält, und hin und wieder wird auch die Elektrofolter zur Anwendung gebracht. Es fällt wahrlich schwer, sich von dem Film nicht einreden zu lassen, dass das alles schon seine Richtigkeit hat.

Etwas weniger explizit, jedoch nicht minder wichtig, fällt der Rückgriff auf Johns Äußerung im Finale von RAMBO aus. Dort beklagt sich der unter Tränen zusammenbrechende Recke, dass der wahre Grund für das Scheitern in Vietnam im Inneren liege, das es Personen in der USA wären, die den Sieg verhindert hätten. Diese verbreitete rechte These findet nun in Marshall Murdock ihre Verkörperung. Gespielt von Charles Napier wird Murdock zum miesen Verräter, der genau weiß, dass es noch Amerikaner in Vietnam gibt, der dies jedoch mit jedem nur erdenklichen Mittel zu vertuschen versucht. Dieser schmierige Bürokrat, der gar vortäuscht, am Vietnamkrieg teilgenommen zu haben, wird – auch weil die russischen und vietnamesischen Antagonisten recht stereotyp bleiben – zum eigentlichen Hauptfeind Rambos.

Trautman: Was Sie die Hölle nennen, nennt er sein Zuhause.

Der muss sich bis zur späten Rache allerdings durch Horden vietnamesischer Kämpfer schlagen, was von Cosmatos und Kameraaltmeister Jack Cardiff grandios in Szene gesetzt wird. Schon bei Rambos Eintreffen beeindrucken die Shots vom saftigen Grün, in der Folge schleicht, springt, rennt und ballert sich der Held in einer Weise durch diese Umgebung, die Actionfreunden den Atem stocken lässt. Der Film hat einen unglaublichen Rhythmus und ein riesiges Gespür für die Sets und sorgt so für eine Wahnsinnseinstellung nach der nächsten. Jerry Goldsmiths Musik treibt das Ganze weiter vorwärts und zahlreiche Explosionen und Kampfsequenzen sorgen für Kurzweil. Die überbordende und teils selbstzweckhafte Gewalt tut ihren Teil dazu und sorgte ihrerzeit für einen Sturm der Entrüstung, der Kriegsgegner vor den Kinos gegen den Streifen protestieren ließ. Zahlreiche Beschlüsse der BPjS/BPjM bis zur Listenstreichung 2010 sind da selbstverständlich.

Aber auch in dieser Action schlummert eine politische Aussage, stellt sie doch fast immer die genaue Verkehrung der historischen Tatsachen dar. Während in Wirklichkeit der perfekt an die Umgebung angepasste Vietkong die übermächtig ausgestatteten GIs besiegte, ist es nun ein einzelner Amerikaner, der der Vietnamesen im Dschungelkampf aufgrund seines Geschicks und Einfallsreichtums überlegen ist. Plötzlich eiern die nämlich ahnungslos umher, während Rambo (in einer genial inszenierten Szene) hinter ihnen aus dem Schlamm auftaucht. Auch kämpft John J. hier quasi alleine gegen eine drückende zahlenmäßige Übermacht – ebenfalls einer Verkehrung der Tatsachen. Und dass im Finale dann auch noch ein armer kleiner Bell UH-1 vor einem monströs dröhnenden, russischen Mil Mi-24 flieht, setzt dem Ganzen die Krone auf.

Trautman: Du hast sechsunddreißig Stunden um da rein und wieder raus zu kommen. Also halt nicht an und riech an den Rosen, ok?

Und letztlich ist da ja auch noch Sly. Der wandelt sich nach seinem tränenreichen Finale im Vorgänger nun (vielleicht auch nach fünf Jahren Arbeitslager) wieder zur eiskalten Maschine. Stur, wortkarg und ikonisch schreitet er beinahe unverwundbar durch den generischen Kugelhagel und ringt alle Widersacher nieder. Überlebensgroß kämpf er irgendwann oben ohne und wird mit Stirnband und Maschinengewehr vollends zur Action-Ikone. Dieser Film prägte die moderne Verwendung seines Namens als Synonym für Rücksichtslosigkeit und Brutalität maßgeblich mit. Und genauso wie der ganze Streifen höchst ambivalent daherkommt, tut es auch Rambo: denn dieser gefühlbefreite Klotz verliebt sich doch glatt in seine Kontaktperson Co Bao – die nur aber Sekunden später im Kugelhagel stirbt. Das sagt alles.

Wohl einer der ambivalentesten Filme aller Zeiten. Einer wahnsinnig intensiven und epochemachenden Inszenierung steht eine moralisch höchst fragwürdige politische Positionierung gegenüber, die den Zuschauer ständig damit ringen lässt, sich bloß nicht zu gut unterhalten zu lassen.

5 Antworten zu “RAMBO 2. TEIL – DER AUFTRAG

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