LUCY

Lucy
Lucy | Frankreich | 2014
IMDb, OFDb, Schnittberichte

Lucy (Scarlett Johansson) lässt sich von einem Kumpel dazu überreden, dem Gangster Mr. Jang (Choi Min-sik) einen Koffer mit unbekanntem Inhalt zu bringen – und gerät so in eine äußerst missliche Lage. Denn Jangs Handlager nähen ihr sogleich einen Beutel einer neuen Droge in den Bauch, um Lucy als Kurierin zu missbrauchen. Unglücklicherweise gelangt die Droge jedoch in ihren Körper und eröffnet Lucy fortan ungeahnte Fähigkeiten.

Die Behauptung, der Mensch nutze nur zehn Prozent seiner Hirnfähigkeiten, ist Quatsch. Die Auseinandersetzung damit, was dem Menschen wohl möglich wäre, wenn er nur etwas mehr als diesen mickrigen Anteil nutzen könnte, öffnet dem Wahnwitz Tür und Tor. Das kann lustig sein, versucht man aber einen Film darauf aufzubauen, dann wird das Ergebnis zwingend ein Prädikat tragen: Quatsch. Trotzdem versuchte sich der französische Erfolgsfilmemacher Luc Besson mit LUCY, bei dem er sowohl die Arbeit am Drehbuch als auch auf dem Regiestuhl übernahm, daran, diesem Quatsch noch weitere Facetten hinzuzufügen.

Professor Norman: Findet eine Zelle keine fruchtbare Umgebung um sich zu reproduzieren, dann wählt sie die Unsterblichkeit.

Das größte Gegengewicht stellt dabei der philosophische Anstrich des Ganzen dar. Bessons Film schlägt den Boden bis zum ersten Menschen, stellt die Frage nach der Entwicklung und der Bedeutung der gesamten Spezies. Morgan Freeman darf das dann als Erklärbar Samuel Norman mit altklugen und vor Weisheit triefenden Kommentaren versehen, während die Zuschauer mehr und mehr feststellen, dass es sich bei den philosophischen Einsprengseln lediglich um einen gut gemeinten (allerdings nie konsequenter genutzten) Rahmen für die Action des Films handelt. Dass man daraus mehr hätte machen können, beweist nicht zuletzt Bessons in dieser Richtung deutlich konsequentere DAS FÜNFTE ELEMENT (1997).

Nun wäre es sicherlich unfair, einen Actionfilm mit einem derartigen Sujet ausschließlich nach seinen inhaltlichen Aspekten zu beurteilen. Was macht also die Action? Die beginnt durchaus stark. In den ersten Minuten stürzt Scarlett Johansson in eine Situation hinein, die einen als Betrachter ohne Frage mitreißt. Im Stil einer Kurzgeschichte beginnt ihr Schicksal völlig unvermittelt, der Rezipient kennt weder die Figuren, noch die Gegebenheiten. Der Kofferinhalt ist unbekannt, ebenso die Person Mr. Jang – der vom südkoreanischen Starmimen Choi Min-sik trotz der flachen Figurenzeichnung ordentlich gegeben wird. Besson inszeniert schwungvoll und die ersten 30 Minuten vergehen wie im Fluge, während man als Zuschauer stets Ausschau nach den nächsten Anzeichen für Lucys Fortentwicklung hält.

Lucy: Es ist, als wäre alles Menschliche an mir entfernt worden.

Das große Problem: die Veränderung von Lucys Fähigkeiten durchläuft eine überaus erwartbare Entwicklung, innerhalb derer man Telekinese, Telepathie und die Beherrschung unterschiedlicher anthropogener Mechanismen zu sehen bekommt. Sobald dann allerdings ein Stadium jenseits des „Bekannten“ erreicht wird, verliert sich das alles in Beliebigkeit. Zeit und Raum werden gebeugt, Lucy begegnet dem erwähnten ersten Menschen und endet als USB-Stick. Final wird auf die Göttlichkeit in uns allen verwiesen – ein philosophischer Vorschlaghammer, der das eigentliche Manko des Films nur zu deutlich werden lässt: sich nur in wenigen, vermeintlich passenden Augenblicken der theoretischen Weite des Sujets zu bedienen, kann eben nur zu einem durchwachsenen Ergebnis führen.

Ein guter Actionfilm braucht mehr als nur gute Action. Da Besson seine philosophischen Ansätze jedoch nicht ernst nimmt, sondern sie nur als Feigenblatt benutzt, bietet LUCY eben nur gute Action.

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