The Big Doll House
The Big Doll House | Philippinen/USA | 1971
IMDb, OFDb, Schnittberichte
Marnie Collier (Judith Brown) gerät irgendwo in Südostasien zu Unrecht in den Knast. Dort trifft sie auf ein bunte Mischung von Mitinsassinnen: Die coole Alcott (Roberta Collins), die toughe Grear (Pam Grier), die harte Bodine (Pat Woodell) und die drogenabhängige Harrad (Brooke Mills). Allesamt leiden sie derart unter der brutalen Lagerleitung von Miss Dietrich (Christiane Schmidtmer) und ihrer rechten Hand Lucian (Kathryn Loder), dass ein Fluchtversuch die einzige Lösung bleibt.
Ende der 60er Jahre gründete die US-amerikanische B-Film-Ikone Roger Corman die Produktionsfirma New World Pictures, die die Konzeption früherer Corman-Filme, spekulative Themen kostengünstig auf die Leinwand zu bringen, nahtlos fortführte. Und da sich Eddie Romeros BEAST OF THE YELLOW NIGHT (1971), eine der ersten Produktionen von New World Pictures, aufgrund der außerordentlich günstigen Produktionsbedingungen auf den Philippinen just als großer Erfolg entpuppt hatte, war Corman daran gelegen, weitere Filme im fernen Südostasien zu drehen. Zuspruch erhielt er dabei von Schauspieler John Ashley, der neben der Hauptrolle in BEAST OF THE YELLOW NIGHT bereits an den ebenfalls auf den Philippinen gedrehten BLOOD ISLAND-Filmen beteiligt war.
Die Corman-Kumpels Charles S. Swartz und Frances Doel ersannen dann verschiedene Storyentwürfe, welche jedoch allesamt vom bereits verpflichteten Regisseur Jack Hill abgelehnt wurden. Letztendlich wurde dann aber über Hills Kopf hinwegentschieden und Autor Don Spencer fertigte ein finales Skript an. Dass Hill überhaupt als Regisseur mit an Bord war, war dem Umstand zu verdanken, dass dessen Karriere just einen spürbaren Einbruch erlitten hatte. Hatte er sich bei der Arbeit zu ICH – EIN GROUPIE (1970) noch mit Sparfuchs Erwin C. Dietrich überworfen, war es ihm danach lediglich vergönnt, die mexikanischen Produktionen ALIEN INVADERS (1971) und CULT OF THE DEAD (1971) mit Extraszenen für den US-amerikanischen Markt anzureichen. In so einer Situation reist man dann auch schon mal mit Corman auf die Philippinen …
Alcott: Get it up or I cut it off!
Und dort inszenierte Hill dann einen Women-In-Prison-Film, der sich in erstaunlichem Maße auf die Interaktion seiner Hauptdarstellerinnen konzentriert. Der genreübliche Dreisatz auf Ankunft, Misshandlung und Flucht erfährt hier eine deutliche Gewichtung zugunsten der Protagonistinnen. Selbst nach einer Stunde Spielzeit ist noch keine Rede von einem Ausbruch, stattdessen balgen sich Pam Grier und Roberta Collins um das Recht, Judith Brown zu bevormunden. Grier gibt hier – abgesehen von einer minimalen Nebenrolle im Musical BLUMEN OHNE DUFT (1970) – ihr Debut und konstituiert sogleich ihre Rolle als toughe und aufreizende Heroine; kein Wunder, dass sie dem WIP-Film auch in den nächsten Jahren treu bleiben sollte. Auch Collins und Brown machen hier ihre ersten, durchaus gekonnten Spielfilmgehversuche und sollten dem Genrefilm in den folgenden Jahren ebenfalls erhalten bleiben. Einprägsamer ist da schon der Auftritt der Deutschen Christiane Schmidtmer als (natürlich) deutsche Lagerkommandantin Miss Dietrich und abgerundet wird die mimende Belegschaft durch Tausendsassa Sid Haig, der hier ein weiteres Mal wundervoll schmierig durch die Gegend palavert.
Dass der Streifen sich größtenteils auf die Interaktion zwischen den fünf Zellengenossinnen konzentriert, soll natürlich nicht heißen, dass nicht auch eine ordentliche Menge an exploitativen Zurschaustellungen geboten wird. Kathryn Loder quält in der Rolle der niederträchtigen Lucian mit Peitsche, Schlange und irgendwelchen die weibliche Brust malträtierenden Gerätschaften, während Miss Dietrich fleißig Strafen ausspricht und Züchtigungen betreibt. Dazu wird natürlich allenthalben geduscht und eine der wenigen Vorgaben, die Corman Hill machte, war es, dass der Filmen einen Kampf im Schlamm enthalten müsse – dieser wird letztlich zu einem der lustigsten, da überaus ungeschickt gespielten Moment des Films.
Alcott: You know something: It’s not the comforts I miss, like nice clothes. It’s the men. More than anything else, I miss having a man.
Ansonsten merkt man dem Streifen allenthalben an, dass Corman lediglich 125.000 US-Dollar zur Verfügung stellte: außer den Innenräumen einer verlassenen Gefängnisanlage irgendwo auf den Philippinen gibt es quasi nichts zu sehen. Die seltenen Außenaufnahmen können kaum ein wirkliches Gegengewicht schaffen, dafür sind die Innenraumszenen meist gekonnt ausgeleuchtet und folglich stimmungsvoll. Aber auch dank dieser kostengünstigen Umsetzung entwickelte sich der Film zu einem massiven Erfolg und bestärkte Corman und Co. darin, billige Exploiter auf den Philippinen zu drehen. Es folgt der in Besetzung und Ausstattung sehr ähnliche FRAUEN HINTER ZUCHTHAUSMAUERN (1971) von Gerardo de Leon, bevor Jack Hill erneut ran durfte und dem Konzept mit THE BIG BIRD CAGE (1972) eine ordentliche Portion Augenzwinkern hinzufügte. Eddie Romero beendete dann mit FRAUEN IN KETTEN (1973) die philippinische WIP-Geschichte Cormans, deren weiteres Merkmal es ist, dass die aufstrebende Pam Grier in allen Werken eine zentrale Rolle einnahm.
Ordentlicher WIP-Reißer, der sich stärker als viele Genrekollegen auf die Beziehungen zwischen den Insassinnen konzentriert und der Cormans philippinisches Frauen-im-Knast-Konzept auf den Weg brachte.
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