Driver
The Driver | USA | 1978
IMDb, OFDb, Schnittberichte
Der Driver (Ryan O’Neal) verdingt sich als Fluchtfahrer für Gangster in den neondurchfluteten Gassen von Los Angeles. Ein Bulle (Bruce Dern) ist ihm seit langer Zeit auf den Fersen, die Ermittlungen in diesem Fall werden für den Gesetzeshüter mittlerweile zu einer persönlichen Angelegenheit. Während die Aufträge des Drivers immer riskanter werden, rückt ihm der Bulle immer näher …
Nach dem Action-Vehikel EIN STAHLHARTER MANN (1975) mit Charles Bronson und James Coburn sollte für ganze drei Jahre ruhig um den US-amerikanischen Regieneuling Walter Hill werden. Doch unterstützt von seinem Produzenten und Freund Lawrence Gordon werkelte Hill in dieser Zeit an einem Skript, welches vermutlich schon seit einiger Zeit in seinem Kopf herumgeisterte. 1968 war er nämlich als Second Unit Director an den Steve McQueen-Klassikern BULLITT und THOMAS CROWN IST NICHT ZUFASSEN beteiligt gewesen und die wilden Hetzjagden, die sich McQueen vor allem in ersterem lieferte, inspirierten Hill wohl maßgeblich zu seinem DRIVER-Drehbuch. Natürlich wollte er auch den Edelmimen als Hauptrolle für seinen zweiten Spielfilm engagieren, doch McQueen lehnte die Rolle dankend ab, da er nicht schon wieder einen Fluchtfahrer spielen wollte.
Und neben dem Konzept eines äußerst Automobil-fixierten Films lieh sich Hill auch die kühle bis eiskalte Darbietungsform von Peter Yates‘ BULLITT. Hill entwirft eine düstere, in Neonlicht getauchte Welt, innerhalb derer sich seine namenlosen Charaktere bewegen. Es ist fast immer Nacht, es wird wenig gesprochen und die Großstadt besteht hier fast nur aus Hinterhöfen und schmutzigen Gassen. Formlose Hochhäuser bieten Obdach, doch die austauschbaren Garagen stellen das wahre Heim der Protagonisten dar. Hill und Kameramann Philip H. Lathrop fangen das Ganze dann noch äußerst ruhig und elegant ein und machen den Film so zu einem optischen Hochgenuss.
Glasses: Rumkommandieren ist Ihre Stärke, was?
Bulle: Ist nun mal mein Job, Mann!
Und ebendiese Inszenierung, die jeden Schatten und jedes Gesicht so formvollendet einfängt, macht unter anderem die große ideelle Nähe des Streifens zum Film Noir deutlich. Eine böse, dunkle Welt, innerhalb derer sich die Figuren zwar bewegen können, der sie jedoch (auch mit größter Raserei) nicht entkommen können. Und auch die Protagonisten selber könnten direkt aus den 40er Jahren stammen. Ryan O’Neal, der drei Jahre zuvor in Stanley Kubricks BARRY LYNDON (1975) die Hauptrolle gab, steht als Driver im Mittelpunkt. Seine wortkarge Figur bekleidet zwar der Form halber die Seite des Guten, doch ist sie ebenso abgründig wie undurchsichtig. Der Driver schmäht jeden sozialen Kontakt, er ist rücksichtslos und scheinbar nur auf seinen finanziellen Vorteil bedacht. Gleichzeitig vermeidet er Tod und Leid wenn möglich und tritt Widersachern fair entgegen.
Ähnlich ambivalent fällt Bruce Derns Rolle als Bulle aus, auch wenn dieser etwas deutlicher die Rolle des Widerlings bekleidet. Trotzdem hütet er nominell das Gesetz, auch wenn seine Methoden dies nicht immer erahnen lassen. Es treffen letztlich zwei zerrüttete Protagonisten aufeinander, deren Wettstreit sich schon lange nicht mehr um das Gesetz dreht, sondern der schon lange eine persönlich (mitunter fast freundschaftliche) Ebene erreicht hat. Daneben geben Joseph Walsh als Glasses oder Isabelle Adjani als Alibi liefernde Schönheit gelungene Rollen, die allerdings stets im Schatten der zentralen Zwei stehen.
Eingerahmt wird der Film von zwei äußerst umfangreichen und stimmigen Verfolgungsjagden, die trotz fehlender Dialoge erstaunlich gut als Exposition und Schlussakkord funktionieren. Der Driver stellt sich quasi mittels seiner Fahrkünste vor und nutzt diese auch für die finale Abrechnung. Dazwischen herrscht vor allem Ruhe und Atmosphäre, was dem Zuschauer die Möglichkeit gibt, sich voll in den Film einzufühlen. Wem das erst mal geglückt ist, dem steht ein rundum gelungenes Neo-Noir-Erlebnis ins Haus – und nur ein Jahr später sollte es für Hill mit DIE WARRIORS (1979) wieder in die tiefe Nacht hinein gehen.
Völlig zurückgenommen und reduziert entführt Hill seine Zuschauer in seiner zweiten Regiearbeit in die neongetränkten Gassen einer traurigen Großstadt, in der sich die ebenso traurigen Hauptfiguren ein Duell der Prinzipien liefern. Klasse!
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