MAD MAX – FURY ROAD

Mad Max – Fury Road
Mad Max: Fury Road | Australien | 2015
IMDb, OFDb, Schnittberichte

Max Rockatansky (Tom Hardy) wird von den Schergen des verrückten Regenten Immortan Joe (Hugh Keays-Byrne) gefangengenommen und gefoltert. Doch Max kann entkommen und schließt sich Imperator Furiosa (Charlize Theron) an, die einen von Immortan Joes Tankzügen inklusive seiner Gespielinnen entführt hat. Es beginnt eine gnadenlose Hetzjagd durch das Ödland …

George Millers Endzeit-Standardwerke MAD MAX (1979) und MAD MAX II – DER VOLLSTRECKER (1981) gehören bis heute zu den uneingeschränkten Klassikern des Genres. Vor allem der zweite Teil kann als stilbildend für das gesamte Genre angesehen werden, welches in den 80er Jahren sowohl durch US-amerikanische als auch italienische Filmschaffende um zahlreiche günstige Produktionen erweitert wurde. Der überwiegend von George Ogilvie stammende MAD MAX – JENSEITS DER DONNERKUPPEL (1985), Miller drehte lediglich die (hervorragenden) Actionszenen, markierte dann den vorerst letzten Auftritt des Charakters MAD MAX und aufgrund einer eher zwiespältigen Rezeption sollte sich für rund 15 Jahre der Staub des Vergessens über die Reihe legen.
Erst zur Jahrtausendwende gab Miller bekannt, dass er an einem weiteren Sequel arbeitet, es sollte jedoch weitere fünf Jahre dauern, bis das Projekt über ein spruchreifes Drehbuch verfügte. Dummerweise sorgten außenpolitische Zwistigkeiten zwischen dem geplanten Drehort Namibia und den USA sowie Australien (die auch die Einfuhrbedingungen und somit die Ausstattung des Films betrafen) dafür, dass in dem südafrikanischen Land nicht wie geplant gedreht werden konnte. Diese erneute Verschiebung sorgte nicht nur für Sorgenfalten bei den Geldgebern (darunter auch erneut die Kennedy Miller Productions, deren Namensgebung nach wie vor an Millers engen, bei den Dreharbeiten zu MAD MAX – JENSEITS DER DOPPELKUPPEL tödlichen verunglückten, Freund und Produzenten Byron Kennedy erinnert), sondern auch bei Hauptrolle Mel Gibson, der in der Folge absprangt. Es bedurfte danach einer erneuten Kraftanstrengung Millers, um mit Tom Hardy und Charlize Theron zunächst neue Hauptrollen und danach weitere Geldgeber zu finden, um das Projekt dann ab 2012 tatsächlich in die Tat umsetzen zu können. Nach anfänglichen Planungen, in Australien zu drehen, wurde die Produktion dann schließlich doch wieder nach Namibia verlegt, wo die Wüste Namib zum Dreh- und Angelpunkt des Projekts werden sollte.

Max: In diesem Wüstenland bin ich der Einzige, der vor den Lebenden und den Toten flieht.

In Sachen Drehbuch konnte Miller einerseits auf die Mithilfe von Nick Lathouris, der schon am Skript zu MAD MAX beteiligt gewesen war, zählen und zum anderen auf den britischen Comicautoren Brendan McCarthy. Letzter wuchs dabei im Zuge der Vorproduktion immer mehr zum Art Designer heran und zeichnete letztlich neben zahlreichen Drehbuchaspekten auch für unzählige Designs der Fahrzeuge des Films verantwortlich. Die eigentliche Handlung hielten die drei Autoren indes an sehr engen Zügeln und sorgen so dafür, dass der Film seinen Zuschauer wahrlich nicht überfordert. Innerhalb von zehn Minuten hat die Exposition dem Zuschauer alles erklärt und der Weg ist frei für ein Werk, das sich fast ausschließlich aus Action zusammensetzt.

Die kleinen Handlungsschnipsel dienen lediglich als Atempause zwischen den alles beherrschen Actionsequenzen. Miller trägt dabei einem Umstand Rechnung, der immer schon latent über der Filmreihe schwebte: Sowohl in MAD MAX II – DER VOLLSTRECKER als auch in MAD MAX – JENSEITS DER DONNERKUPPEL waren es die immer einen zentralen Tanklastzug umgebenden Verfolgungsjagden, die den Höhepunkt des Films darstellten. Diesem Konzept folgend richtet Miller das Skript des vierten Films ganz und gar auf diese Verfolgungsjagd aus. So erübrigen sich auch alle Spekulationen, ob es sich um ein Prequel, Sequel oder Reboot handelt; eine derartige Einteilung ist schlicht nicht von Bedeutung. Diese weitgehende Loslösung von einer klassischen Erzählstruktur funktioniert dann ganz prächtig und überflügelt die zahllosen anderen Neuauflagen bekannter Filmstoffe, die sich nur allzu oft in geplant komplexen Neuinterpretationen verrennen, mit Leichtigkeit. Einzig die etwas unverhoffte Kehrtwende in der Filmmitte leidet spürbar unter dem reduzierten Inhalt, sind Beweggründe und Motivationen hier doch mehr als dürftig zu erkennen.

Immortan Joe: Allein durch meine Hand werdet ihr euch erheben aus der Asche dieser Welt!

Hauptgrund dafür ist, dass auch die Charaktere sich der vollendeten Konzentration auf die Action beugen müssen und der Zuschauer somit nur relativ flache Rollen zu sehen bekommt. Charlize Theron darf als neue Hauptdarstellerin Furiosa noch die ausgefeilteste Rolle bekleiden, während Nicholas Hoult als Nux oder Hugh Keays-Byrne (der bereits in MAD MAX den Antagonisten Toecutter gab) als Immortan Joe lediglich eine Facette erhalten. Tom Hardy wird als Max gar zur völligen Unbestimmtheit, sind seine Vergangenheit und seine Motivation doch quasi gänzlich unbekannt; lediglich kurze Flashbacks statten die Rolle mit einem Antrieb aus. Was hier nun etwas distanziert klingen mag, stört im Film selbst überhaupt nicht, lässt dieser dem Zuschauer doch kaum Zeit, sich mit den Rollen länger als einen kurzen Augenblick zu beschäftigen.

Denn Miller füllt beinahe die gesamten zwei Stunden Spielzeit mit Action und Krawall. Der Anfang, das Ende, der Mittelteil, jede Szene knallt dem Betrachter stets noch brachialere Action um die Ohren. Dass das so gut funktioniert, liegt dann zu großen Teilen an Millers grandioser Entscheidung, quasi alle Fahrzeug-Sequenzen tatsächlich zu drehen und lediglich in der Post-Produktion auf CGI-Unterstützung zurückzugreifen. So kann man als Zuschauer die Gewalt und Kraft der Fahrzeuge und der auf, neben und unter ihnen stattfindenden Kämpfe quasi spüren. Der Film beweist so wie kein anderer, wo der Unterschied zwischen CGI und Realität liegt. Riesige Explosionen, auseinanderberstende Stahlkolosse und eine atemberaubende Geschwindigkeit werden so unmittelbar auf den Zuschauer übertragen, der sich von der ersten Minute an in den Film hineingesogen fühlt. Der Einsatz von CGI findet dann wohldosiert statt, nur in der Sturm-Szene und während des Aufenthalts in der Zitadelle gibt es größere computergenerierte Sequenzen.

Nux: Ich lebe, ich sterbe, ich lebe wieder!

Diese können dem Film jedoch kaum etwas anhaben, verfügt er doch über ein nahezu perfektes Artdesign. Neben McCarthy sind es vor allem der Produktionsdesigner Colin Gibson sowie die Art Designer Shira Hockman und Jacinta Leong, die den Streifen mit einem atemberaubenden Aussehen ausstatten. Die Fahrzeugdesigns sind schlicht brillant, die Zitadelle beeindruckend, die Charaktere ikonisch. Immortan Joes Maske brennt sich ins Gehirn des Zuschauers, der Gitarrero auf dem Truck ebenfalls und die chromversprühenden Walhalla-Jünger runden das Ganze ab. Die Wüste wird durch Sturm, Nacht und Schluchten immer wieder variiert und bleibt so abwechslungsreich und auch der Fuhrpark ist derart variabel, dass das Fehlen von Max‘ Interceptor gar nicht auffällt. Es ist vor allem die schier grenzenlose Ideenvielfalt bezüglich der Fahrzeuge, die immer wieder aufs Neue begeistert.
Kameramann John Seale fängt all das bravourös ein und Tom Holkenborg verpasst dem Ganzen einen brachialen Soundtrack, der neben dem puren Dröhnen der Motoren auch gerne mal ein paar Metallstücke verwendet. So entsteht ein Film, der wie kaum ein anderer dazu befähigt ist, seinen Zuschauer vollkommen und uneingeschränkt mit Action zu bombardieren. Der Betrachter wird vom brachialen, fühlbaren Realismus des Films geradezu erschlagen und die zwei Stunden Spielzeit sind in Nu verflogen. Miller transportiert so den (bezüglich des Inhalts immer schon simplen) Kern seiner alten Filmreihe quasi formvollendet in die Gegenwart und schafft so ein Filmerlebnis, das all seinen aktuellen Mitstreiten als Vorbild dienen darf: Um etwas Altbewährtes zu erneuern bedarf es keines großen Schnickschnacks, es bedarf nur einer gehörigen Portion an Mut. Dem Mut, genau das zu machen, was damals schon jeden erfreut hat und was mit heutigen Mitteln noch beeindruckender umzusetzen ist.

Millers vierter Serienbeitrag transportiert den Kern der Filmreihe formvollendet in die Gegenwart. Das völlige Zurücktreten der Handlung gegenüber der Action ist dabei der größte Kniff des Films, der zudem über ein nahezu perfektes Artdesign verfügt. Der weitgehende Verzicht auf CGI-Tricks sorgt schließlich für einen Grad an Realismus, der es dem Film ermöglicht, den Zuschauer mit seinen unfassbar brachialen Actionsequenzen mehr als nur bei der Stange zu halten; viel mehr packt sich der Streifen seinen Betrachter und lässt ihn erst nach zwei Stunden öl- und staubverschmiert – aber mit einem irren Grinsen im Gesicht – wieder los.

2 Antworten zu “MAD MAX – FURY ROAD

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