DIE ROCKER VON DER BOSTON-STREET

Die Rocker von der Boston-Street
Angels Die Hard | USA | 1970
IMDb, OFDb, Schnittberichte

Tim (William Smith) und Blair (Tom Baker) sind die Anführer einer Rockergang, die nach einer Schlägerei aus einer Kleinstadt irgendwo im Mittleren Westen der USA verscheucht werden. Nur ihr Freund Joker muss dort zunächst im Knast bleiben und kommt zwei Tage später beim Verlassen der Stadt unter mysteriösen Umständen ums Leben. Um den Mord aufzudecken, kehren die Hells Angels in das kleine Städtchen zurück.

Produzent Roger Corman hatte 1970 gerade seine neue Produktionsgesellschaft New World Pictures gegründet und wollte mit dieser natürlich zunächst einmal keine großen finanziellen Risiken eingehen. Also beschloss er zunächst einem Genre treu zu bleiben, welches ihm in den Jahren sichere Gewinne beschert hatte. Mit seiner Regiearbeit DIE WILDEN ENGEL (1966) sowie den von ihm produzierten REBELLEN IN LEDERJACKEN (1967) oder NACKT AUF HARTEM SATTEL (1969) hatte er nämlich ordentliche Gewinne im Bereich der Rockerfilme einstreichen können. Und da Dennis Hoppers EASY RIDER (1969) den Erfolg dieses Genres erst kürzlich auf die Spitze getrieben hatte, sprach auch 1970 nichts dagegen, diese Kuh weiter zu melken.
Corman engagierte dann den am Beginn seiner Regiekarriere stehenden Richard Compton, den es in den nächsten Jahrzehnten dann in TV-Metier verschlagen sollte, wo er einzelne Episoden für allerlei namenhafte Serienformate inszenierte. Compton schrieb auch das Drehbuch selbst und versuchte sich dabei an einer Art Mixtur aus verschiedenen Elementen der Rocker(film)kultur. Er versucht hier die immer wieder brachialen und teils gewalttätigen Ausbrüche der proträtierten Hells Angels, wie sie schon Corman im erwähnten DIE WILDEN ENGEL zeigte, mit dem Freiheitsdrang und der eigentlichen Unschuld von Hoppers Duo aus EASY RIDER zu verbinden. Das führt dazu, dass der Film eine Zweiteilung erfährt, die ihm letztlich die klare Linie raubt.

Blair: Diese scheiß Bürokraten, man könnte sie stundenlang in den Arsch treten!

Zunächst werden die Angels als beinharte Truppe von Halunken eingeführt, die genrekonform saufen, pöbeln und vergewaltigen. Das letzteres dann durch das gleichzeitige Verschlingen von einer Unmenge an Spaghetti aufgelockert wird, kann allerdings kaum verhehlen, dass der Zuschauer es bis dahin mit einer durchschnittlichen Truppe von Outlaws zu tun hat. Doch ab der Mitte des Films wandeln sich die Haudegen plötzlich und helfen nicht nur bei der Rettungsaktion eines in einer Mine verschütteten Jungen, sondern scheuen auch vor Schlägereien zurück und mutieren so zu den braven Jungs von nebenan.

Dass dann auch noch die Rednecks ebenso wie die örtlichen Bullen zu hinterlistigen Schweinen werden (bzw. diese ohnehin vorhandene Eigenschaft endlich offen zeigen), die die friedlich saufenden und kiffenden Rocker heimtückisch überfallen, untermauert diesen merkwürdigen Wandel. Denn leider fehlt es Compton an der Finesse, die Entwicklung glaubhaft und dezent darzustellen und so erwartet den Zuschauer einfach ein Holzhammer an Plakativem. Die Möglichkeit, hier gesellschaftliche Vorurteile und Missverständnisse aufzuarbeiten, lässt der Films indes ungenutzt verstreichen.

Tim: Brüder! In diesem Sarg liegt ein Freund von uns, der ermordet wurde. Umgebracht von einer verlogenen und unmoralischen Leistungsgesellschaft, für die du Freiwild warst!

Die Hauptdarsteller Tom Baker und William Smith, der 1982 den Vater von Schwarzenegger in CONAN – DER BARBAR mimen durfte, machen dann eine durchschnittliche Arbeit und tun das, was Rockerchefs halt so machen. Carl Steppling gibt den stereotypen Sheriff und Alan DeWitt kommt als Bestatter der humorvolle Teil des Films zu. Dan Haggerty, der ein paar Jahre später mit DER MANN IN DEN BERGEN (1974) sowie der gleichnamigen TV-Serie Bekanntheit erlangen sollte, tritt hier mit dem exakt gleichen Aussehen wie in seiner späteren Paraderolle auf und Hollywood-Tausendsassa R. G. Armstrong darf als schmieriger Redneck eine Nebenrolle bekleiden.
Ansonsten verlässt sich Compton dann auf Genreversatzstücke, was bedeutet, dass es natürlich ellenlange Motorradfahrten zu begutachten gibt, die mit schmissigen Sounds versehen sind und diverse Rituale und Gelage. So darf man den Angels dabei zusehen, wie sie auf den Sarg ihres Kumpanen pinkeln oder Drogen konsumieren, wie sie um Mädels kämpfen oder schlicht Quatsch reden. Und trotz der wenig stringenten Geschichte schafft es DIE ROCKER VON DER BOSTON-STREET schon alleine aufgrund des Umstandes, dass überhaupt etwas passiert, einige Genrekollegen hinter sich zu lassen. Und wenn am Ende ein brennender Bullenwagen gleichbedeutend mit einem Happy End ist, kann der Film so schlecht nicht sein.

Trotz seiner schwankenden inhaltlichen Ausrichtung zählt der Film zu den besseren Vertretern seiner Art, da er immerhin ein grundlegendes Narrativ zu bieten hat. Etwas schmierige Action und einige nette Einfälle machen ihn so für Freunde des Genres zu einem ordentlichen Beitrag.

2 Antworten zu “DIE ROCKER VON DER BOSTON-STREET

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