Der Todeskuss des Dr. Fu Man Chu
The Blood of Fu Manchu| Deutschland/Großbritannien/Spanien/USA | 1968
IMDb, OFDb, Schnittberichte
Dr. Fu Man Chu (Christopher Lee) hat sich in den südamerikanischen Dschungel zurückgezogen, wo er Damen mit einem alten Inka-Gift ausstattet, welches diese dazu befähigt, tödliche Küsse zu verteilen. Während das diabolische Genie so die Weltherrschaft zu erringen sucht, begeht er den Fehler, auch eine Dame zu seinem Widersacher Inspektor Nayland Smith (Richard Greene) zu schicken, der sich daraufhin sofort auf den Weg nach Südamerika macht, um Fu Man Chu wieder einmal das Handwerk zu legen.
1967 hat DIE RACHE DES DR. FU MAN CHU, der dritte Teil von der von Harry Alan Towers produzierten DR. FU MAN CHU-Filme der 60er Jahre, gezeigt, dass ein Wechsel des Settings aus einer weitestgehend bekannten Geschichte ein unterhaltsames Filmchen zaubern kann. Dass hatte Towers dann wohl auch im Kopf, als er sich zusammen mit Manfred R. Köhler an das Drehbuch zum vierten Teil der Reihe setzte. Statt Asien sollte es die Geschichte diesmal nach Südamerika verschlagen und diverse Umbesetzungen in Stab und Cast sollten noch sehr viel weitreichenderen Einfluss auf die Produktion haben.
Zum einen übernimmt der Spanier Jess Franco den Regieposten von Jeremy Summers. Franco war zu jener Zeit noch nicht der berüchtigte Vielfilmer, zu dem er ab 1970 werden sollte und macht das auch in seiner Inszenierung deutlich. Augenscheinlich konzentriert und fantasievoll geht er hier zu Werke und so fängt er den brasilianischen Dschungel zusammen mit Kameramann Manuel Merino immer wieder trefflich ein. Originelle Perspektiven, raue Zooms und einige nette Spielereien sorgen für Abwechslung und heben sich wohltuend von den ersten drei Teilen der Serie ab. Vor allem aber die Geschichte um den Archäologen Carl Jansen und den Banditen Sancho Lopez nutzt Franco, um dem Film deutliche Merkmale eines (Italo-)Western zu verleihen. Das sorgt dann mitunter dafür, dass die eigentlichen Hauptrollen, Nayland Smith und Dr. Fu Man Chu, zeitweise deutlich in den Hintergrund treten.
Dr. Fu Man Chu: Mädchen wie ihr beseitigen überall auf dem Globus meine Widersacher. Aber es dauert mir zu lange, deshalb brauche ich mehr Mädchen!
Mitverantwortlich dafür ist eine weitere Umbesetzung, denn Richard Greene, der in den 50er Jahren in der TV-Serie ROBIN HOOD die Hauptrolle gab, ersetzt Douglas Wilmer als Inspektor Nayland Smith. Da sich Greene aber (ebenso wie Christopher Lee) weigerte, für die überschaubaren Dreharbeiten in den brasilianischen Urwald zu reisen, wurden die Szenen mit den beiden kurzerhand im Studio gedreht. Das erklärt dann auch, warum das Duo derart wenig Screentime bekommt und warum andere Mimen an ihre Stelle treten. Ein großer Verlust ist das im Übrigen nicht, denn während Christopher Lee (ebenso wie Tsai Chin als Filmtochter Lin Tang) seine mittlerweile bekannte Rolle routiniert abspult, fällt Greene gegenüber Wilmer (oder gar Nigel Green aus ICH, DR. FU MAN CHU (1965)) deutlich ab.
Stattdessen gibt es dann den jungen Götz George als Draufgänger Carl Jansen zu sehen, wie er mit halboffenem Hemd teils waghalsige Stunts vollführt und so nebenbei zur eigentlichen Hauptrolle wird. An seiner Seite gibt Towers‘ Stammschauspielerin Maria Rohm, die bereits in DIE RACHE DES DR. FU MAN CHU zu sehen war, eine durchaus charakterstarke Ursula Wagner, die zwar kaum endscheidend zur Handlung beiträgt, aber doch eigenermaßen eigenständig agiert. Ein echter Volltreffer ist dann Ricardo Palacios, der hier als Banditenoberhaupt Sancho Lopez seine Paraderolle abliefern darf. Schmierig und hinterlistig zugleich kann Palacios durchweg unterhalten und wird so zu einem weiteren Beleg dafür, dass das Zurücktreten der eigentlichen Protagonisten Greene und Lee dem Film zum Vorteil gereicht.
Dr. Fu Man Chu: Ein Mann aus Eisen – ich werde das Eisens schmelzen!
Interessant ist übrigens der kurze Auftritt von Shirley Eaton, die nur in einer einzigen Szene zu sehen ist. Tatsächlich stammt diese – auch optisch völlig aus der Reihe tanzende – Sequenz aus dem etwa zeitgleich gedrehten (und ebenfalls von DR. FU MAN CHU-Erfinder Sax Rohmer geschriebenen) DIE SIEBEN MÄNNER DER SUMURU (1969). Ebenfalls von Towers produziert und von Franco gedreht, fiel diese Szene der Schere zum Opfer, was den spanischen Improvisationsfachmann allerdings nicht daran hindern konnte, sie trotzdem irgendwo in seinem Oeuvre unterzubringen.
Und natürlich fand derselbe Herr in diesem Film auch noch etwas Platz für ein wenig Sex und Sleaze und so gibt es dann auch ein paar blanke Brüste und Hinterteile zu sehen. Im Vergleich zu seinem sonstigen Schaffen bleibt das zwar alles sehr handzahm, in Verbindung mit dem originellen Setting und den tollen Mimen trägt es aber durchaus seinen Teil zur Frischzellenkultur bei, die die Reihe hier erfährt. Denn tatsächlich gelingt es Franco mit DER TODESKUSS DES DR. FU MAN CHU, der langsam aber sicher an inhaltlicher Redundanz krankenden Filmserie neues und unterhaltsames Leben einzuhauchen. Kein Wunder, dass Towers ihn gleich ein Jahr später damit beauftragte, mit DIE FOLTERKAMMER DES DR. FU MAN CHU (1969) den vorerst letzten Teil der Reihe umzusetzen.
Francos Stil, das unverbrauchte Setting und nicht zuletzt die starke Verschiebung im Maincast sorgen dafür, dass der vierte Teil zum abwechslungsreichsten der gesamten Reihe wird. Da können auch die serientypischen Logiklöcher nichts dran ändern.
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