SINDBAD – HERR DER SIEBEN MEERE

Sindbad – Herr der sieben Meere
Sinbad of the Seven Seas | Italien/USA | 1989
IMDb, OFDb, Schnittberichte

Nachdem der hinterlistige Wesir Jaffar (John Steiner) den Herrscher der Stadt Basra mit einem Trick zu seinem Diener gemacht hat, ist es dem Prinzen Ali (Roland Wybenga) unmöglich, seine Angebetete Alina (Alessandra Martines) zu ehelichen. Also muss Sindbad (Lou Ferrigno) gleich aus zwei Gründen auf sie Suche nach vier magischen Steinen gehen: Basra befreien und die Liebenden zueinander führen!

Nach Sindbads erstem Spielfilmauftritt in Richard Wallace‘ SINDBAD DER SEEFAHRER (1947) waren es vor allem die Filme unter Beteiligung von Tricktechnikguru Ray Harryhausen, die dem morgenländischen Märchenhelden zu großer Bekanntheit verhalfen. SINDBADS 7. REISE (1958), SINDBADS GEFÄHRLICHE ABENTEUR (1973) und SINDBAD UND DAS AUGE DES TIGERS (1977) stellen jeder auf seine Art treffliche Fantasy-Unterhaltung dar und ebneten so den Weg für eine weitere derartige Produktion Ende der 80er Jahre. Doch während die drei letztgenannten Filme allesamt von Harryhausen und seinem Partner Charles H. Schneer produziert wurden, sollte sich 1989 das Haus Cannon Films, mittlerweile in den letzten Zügen liegend, dieses Themas annehmen.
Die Produzenten Menahem Golan und Yoram Globus beauftragten dazu bereits Mitte der 80er Jahre den Italiener Luigi Cozzi, der damals für Cannon die beiden ähnlich gelagerten Fantasy-Klopper HERKULES (1983) und DIE ABENTEUER DES HERKULES 2 (1985) realisiert hatte, bei denen ebenfalls Lou Ferrigno die Hauptrolle übernahm. Doch diverse Streitigkeiten bezüglich Konzept und Ausrichtung des Projekts sorgten dafür, dass Cozzi die Produktion nach einigen Drehbuchentwürfen wieder verließ. Cannon hatte sich nämlich im Zuge der Vorproduktion dafür entschieden, das Projekt – wohl auch aus Kostengründen – zu einem TV-Vierteiler werden zu lassen. Cozzi sprang daraufhin ab und Enzo G. Castellari, dessen letzter Erfolg, THE RIFFS II – FLUCHT AUS DER BRONX (1983), auch schon sechs Jahre zurücklag, übernahm dankbar dessen Posten. Doch Castellaris Arbeit an dem Projekt stand unter keinem guten Stern und so steckte der Karren bald allzu tief im Dreck. Also bat man Cozzi den mittlerweile ebenfalls gegangenen Castellari wieder zu ersetzen und aus dem bereits gedrehten Material einen einzigen Kinospielfilm zusammenzuschneiden.

Sindbad: Ich muss euch warnen, wir gehen ein hohes Risiko ein. Die Amazonenkönigin ist ein Gehirnvampir. Sie kann einem Mann das Gehirn aussaugen. Das ist für uns gefährlich!

Diese Geschichte spiegelt sich dann auch im fertigen Film wieder, handelt es sich dabei doch um Stückwerk sondergleichen. Die Handlung um vier zu suchende Glitzersteine ist derart episodisch, dass es mitunter schwer fällt, die Sprünge nachzuvollziehen. Es ist mehr als augenscheinlich, dass Cozzi riesige Elemente entfernen musste, um die auf vier TV-Episoden ausgelegte Handlung zu straffen. Unter Einführung einer völlig abstrusen Erzählerin (die die gesamte Handlung als Gute-Nacht-Geschichte herunterleiert) hetzt Cozzi seinen Zuschauer dann durch zahllose Szenen und Kulissen und verliert den ohnehin dünnen Faden dabei so manches Mal aus den Augen. Kein Wunder, das deshalb jeder kleine Schritt nochmal von den Figuren verbalisiert werden muss; ein Zusammenhang wäre in den bunten Bildern ansonsten kaum zu erkennen.

Und wenn hier bunt steht, dann ist auch genau das gemeint. Der Film sieht aus wie eine Seite aus einem Malbuch für Grundschüler. Die Kulissen, die Kleidung, die Effekte: alles strotzt nur so vor Farbe und verleiht dem Film so einen äußerst artifiziellen Look. Zusammen mit zahlreichen Blitz- und Leuchteffekten nähert man sich so einem optischen Overkill, der es zusätzlich schwer macht, sich auf die kleinen Bruchstücke der Gesamthandlung zu konzentrieren. Gleichzeitig versorgen einen aber diverse Stein- und Matschmonster, Geister, Piranhas, Amazonen, Blitze, Rausch und immer wieder Ferrignos bloßer Oberkörper mit genügend Schauwerten, um das Ganze durchzustehen.

Kyra: Er sagt: Jetzt komme ich, Jaffar. Und ich werde dafür sorgen, dass dein Name ein für alle Mal aus dem Branchenbuch gestrichen wird!

Denn natürlich macht Hauptrolle Lou Ferrigno mal wieder nichts anderes, als seinen gestählten Körper in die Kamera zu halten. Ansonsten fällt er nur durch völlig abstruses Overacting auf, steht dabei jedoch trotzdem noch im Schatten von John Steiner, der hier wohl eine Leistung für die Ewigkeit abliefert. Der hochverdiente Engländer, der im italienischen Genrekino stets einen Platz hatte, spielt den Jaffar hier derart überzeichnet, das es kaum zu glauben ist. Selten hat man wohl übertriebeneres Overacting gesehen und so bleibt Steiners Darbietung wahrlich im Gedächtnis. Gleiches kann man von Alessandra Martines, die ab 1991 als Prinzessin Fantaghirò Berühmtheit erlangen sollte, nur partiell behaupten. Um diese drei herum, wuselt dann ein riesiger Cast aus Stereotypen, die allesamt vor allem als Sidekicks dienen.
Denn der Film versteht sich tatsächlich als parodisches Werk und macht das mit unzähligen Nonsens-Dialogen und bekloppten Onelinern auch mehr als deutlich. Ständig feuern die Protagonisten Gags umher und sorgen so für eine sehr entspannte Atmosphäre. Denn dem Zuschauer wird frühzeitig und deutlich klargemacht, dass er es mit einem geistfreien Unterhaltungsfilmchen zu tun hat. Und genau diese ungezwungene Stimmung sorgt auch dafür, dass man dem Streifen unverbindlich aber stets ordentlich unterhalten folgen kann. Letztlich hat Cozzi die Produktionen also geschickt gerettet und einen zwar völlig zusammenhanglosen, aber nichtsdestotrotz unterhaltsamen Fantasy-Thrasher geschaffen. Cannon Films konnte das zwar auch nicht mehr retten, aber die Verantwortung dafür trägt sicherlich nicht SINDBAD – HERR DER SIEBEN MEERE.

Ungezwungenes und quietschbuntes Fantasy-Geblödel, dem es zwar an Zusammenhang, Verstand und schauspielerischen Fähigkeiten mangelt, das aber gerade deswegen überwiegend zu unterhalten vermag.

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