Penitentiary – Hölle hinter Gittern
Penitentiary | USA | 1979
IMDb, OFDb, Schnittberichte
Too Sweet (Leon Isaac Kennedy) wird nach einem kurzen Techtelmechtel mit der Prostituierten Linda (Hazel Spears) zu Unrecht in den Knast geworfen. Dort muss er sich sogleich gegen seinen kampferprobten Zellengenossen Half Dead (Badja Djola) zu Wehr setzen. Und Too Sweets Boxkünste sollen ihm nicht nur das Leben retten, sondern ihm auch die Freiheit in Aussicht stellen …
Der US-Amerikaner Jamaa Fanaka hat quasi seine gesamte Karriere als Filmregisseur dem Blaxploitation-Kino verschrieben. Sein Spielfilm-Debut TERROR TOWN (1975) gilt jedoch eher als absonderliche Randnotiz des Genres und auch Drogen-Story aus SCHWARZE REVANCHE (1976) gehört sicherlich nicht zu den Perlen dieser Filmgattung. Anders verhält es sich da schon mit PENITENTIARY – HÖLLE HINTER GITTERN, der wie schon die beiden zuvor genannten Streifen nicht nur Janaa Fanaka auf dem Regiestuhl zu bieten hat, sondern auch aus dessen Feder stammt und vom ihm höchstpersönlich – wenn auch diesmal von einer Meute anderer Herrschaften unterstützt – produziert wurde.
Die Storyline ist in einem miesen Knast voller Abschaum angesiedelt: Vergewaltigungen und Misshandlungen sind an der Tagesordnung, nur die physisch und psychisch Harten haben ihr sicheres Auskommen. Die Strukturen werden mit eiserner Hand reproduziert und so gerät die Hauptrolle Too Sweet gleich in eine Notlage, aus der er sich nur mittels Körperkraft befreien kann. Derart führt Fanaka sein Hauptthema ein: den Boxkampf. Diese Sportübung bestimmt in der Folge den gesamten Film und wird mal zum Rettungsanker, mal zur Schlangengrube.
Eugene: Damit ihr es wisst: Ich kämpfe, ich gewinne und ich bumse!
Mag der Sinn des Boxkampfes – eine Nacht im Trailer mit den örtlichen Schönheiten – noch recht simpel konstruiert wirken, so schafft es Fanaka doch tatsächlich, die Ringübungen mit für die einzelnen Charaktere mit Inhalt zu füllen. Für den schüchternen Eugene werden sie zum Beispiel zum Befreiungsschlag gegen seine Peiniger. Noch schöner ist aber, dass ein paar Insassen die Zeit während der Kämpfe nutzen, um genau das zu tun, wofür innerhalb der Arena gekämpft wird: Sie verdrücken sich und suchen Vergnügen bei den eigens angereisten Damen. Derartige Doppeldeutigkeiten nutzt Fanaka öfter und so ist auch die unvermeidliche Rolle des alten Knast-Weisen hier durchaus gelungen – da angenehm ambivalent – angelegt.
Das alles verpackt der Regisseur in eine wundervoll dreckige Umgebung, die vor Blut und Schweiß nur so tropft. Ständig quillt der Lebenssaft aus frischen Wunden, überall werden nackte schwarze Körper eingeölt. Das alles in Verbindung mit der spartanischen Ausstattung und der simplen Ausleuchtung sorgt für tolle Knast-Atmosphäre.
Der bisherigen Vita Fanakas folgend, weist auch dieser Streifen fast ausschließlich schwarze Mimen auf, allerdings lässt selbiger den Blaxploitation-Holzhammer deutlich sanfter kreisen als noch bei TERROR TOWN, wo ein Schwarzer einen Weißen mal eben mittels seines Penis‘ erwürgt. Die beiden Story-relevanten Weißen sind ganz im Gegenteil anständige Typen, die Too Sweet letztlich mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Dieser wird von Leon Isaac Kennedy gegeben, der zwar nicht wirklich brilliert, seinen Schuh aber solide runterspielt. Kennedy dürfte Freunden der härteren Gangart aus Streifen wie HAMMER (1972) oder DIE MAFIA KENNT KEINE GNADE (1976) bekannt sein, wo er ordentliche Auftritte in Nebenrollen absolvierte. Umgeben wird Kennedy von zahlreichen Halb-Laien, wie Hazel Spears – deren Linda gerne etwas mehr Screentime und Tiefe hätte haben dürfen – oder Oberbösewicht Donovan Womack, dessen Portfolio sich auf drei Spielfilmnebenrollen und eine Handvoll TV-Auftritte beläuft. Da gehört Badja Djola – der es in den 90er Jahren zu einigen Nebenrollen in großen Hollywood-Produktionen wie LAST BOY SCOUT – DAS ZIEL IST ÜBERLEBEN (1991) oder HURRICANE (1999) gebracht hat – schon zu den schauspielerischen Schwergewichten des Films.
Leider ist der Streifen musikalisch sehr rudimentär gehalten. Das unterstützt die brachiale Atmosphäre zwar trefflich, raubt den Film aber natürlich die Genre-eigene Option, mit schmissigen Tracks für Unterhaltung zu sorgen. Nur in wenigen Szenen dürften die Kreativen am Mischpult loslegen, was dann auch gleich für wippende Füße sorgt.
Half Dead: Dead boxt nicht … ich kille!
Einen Wermutstropfen stellen die komödiantischen Anteile dar, die die an sich gelungene Atmosphäre immer wieder aufbrechen. Die Mischung aus Knastdrama und Blaxploitation-Schinken wäre ohne die Albereien wohl durchaus besser dran gewesen, aber was soll‘s. Das bezieht sich aber explizit nicht auf die skurrilen Momente des Films; wenn etwa ein Insasse mit der Kippe/dem Joint im Ohr durch den Trakt wankt oder die Gruppe der Homosexuellen in Erscheinung tritt.
Letztlich ist Fanakas dritter Streich aber trotzdem eine äußerst gelungene Mixtur, die vor allem mit Härte und Atmosphäre zu überzeugen vermag. Die schmierige Knast-Stimmung kommt bestens rüber und machte den Streifen mit einem kolportierten Einspielergebnis von 15 Millionen US-Dollar (bei lediglich geschätzten 100.000 US-Dollar Budget) zum erfolgreichsten Independent-Film des Jahres 1979. Folgerichtig wurden mit BLUTIGE LORBEEREN (1982) und dem in Deutschland grandios betitelten KNAST FIGHTER (1987) zwei Fortsetzungen nachgeschoben, die neben einem deutlich höheren Trash-Potenzial auch Mr. T und einen Kampf mit einem Kleinwüchsigen zu bieten haben.
Gelungene Mixtur aus Blaxploitation und Knast-Drama, bei der vor allem die unglaublich schmierige und dreckige Atmosphäre für bleibenden Eindruck sorgt.
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