HOWARD – EIN TIERISCHER HELD

Howard – Ein tierischer Held
Howard the Duck | USA | 1986
IMDb, OFDb, Schnittberichte

Eines Tages sitzt der Enterich Howard nichtsahnend in seinem Lehnsessel, als er mitsamt diesem plötzlich auf einen andern Planeten geschleudert wird. Dort leben Menschen, die ihm jedoch überwiegend wenig wohlwollend begegnen. Nur die erfolglose Sängerin Beverly (Lea Thompson) und der verwirrte Wissenschaftsassistent Phil (Tim Robbins) nehmen sich der interstellaren Ente hilfsbereit an.

Mit den von ihm initiierten STAR WARS– und INDIANA JONES-Serien war George Lucas im Verlaufe der ersten Hälfte der 80er Jahre zu einem der erfolgreichsten Produzenten respektive Drehbuchautoren der Welt geworden. Der unfassbare Erfolg seiner Kreationen machte so den Weg für Projekte frei, für die jemand ohne das Renommee eines George Lucas wohl nur schwerlich das nötige Budget hätte auftreiben können. Zusammen mit seiner langjährigen Gefährtin Gloria Katz, sowie deren Ehemann Willard Huyck, ging Lucas dann Mitte der 80er Jahre daran, dem von ihm seit einiger Zeit sehr bewunderten Marvel-Comic Howard the Duck ein Spielfilmprojekt angedeihen zu lassen.
Bereits 1973 feierte der vom Zeichner Steve Gerber entwickelte Charakter Howard T. Duck sein Debut in der Reihe Adventures into Fear #19. Dabei handelte es sich um eine eher unhöfliche Ente, die die zentrale Figur in einem sehr gesellschaftskritisch-düsteren Umfeld darstellte. Sex, Alkohol und Gewalt waren an der Tagesordnung und ließen den Enterich so als satirische Begleitfigur in zahlreichen anderen Marvel-Comic auftreten. Allerdings hatte Rechteinhaber Gerber die Produktion neuer Geschichten bereits 1981 eingestellt, was sich allerdings als kleinstes Problem der Spielfilmproduktion herausstellen sollte.

Howard: Schätzchen, soll ich dir auf die Sprünge helfen? Was ist weiß, oval und erinnert mich an meinen Geburtstag?

Viel schwerer wiegt der waghalsige Versuch, den düsteren Comic-Charakter in eine fröhlich-bunte Realwelt zu transportieren. Dabei verliert sich der beißende Humor der Vorlage leider fast gänzlich und es bleiben nur wenige Momente satirischer Spannung, welche dann allerdings denkbar deplatziert wirken. Sowohl das Kondom in Howards Portemonnaie, als auch einige sehr rüde Sprüche und Attacken stehen so dem ansonsten oftmals sehr kindgerecht anmutenden Artdesign des Films deutlich gegenüber.
Dazu kommt der Umstand, dass sich auch die von Huyck und Katz ersonnene Geschichte kaum entscheiden kann, was sie denn nun darstellen möchte. So taumelt der Film zwischen Satire, Komödie, Lovestory und Sci-Fi-Action hin und her, ohne allerdings einen konsistenten Spannungsbogen entwickeln zu können. So werden viele Momente zu reinem Selbstzweck, was wiederum dafür sorgt, dass sich einige Längen einschleichen.

Auch optisch setzt sich diese Inkonsistenz nahtlos fort, bricht doch vor allem die Darstellung Howards mit sämtlichen Sehgewohnheiten. Das vollkommen artifizielle Design der Figur lässt den Zuschauer immer wieder stutzen, sodass zahlreiche Szenen schon aufgrund der puren Formalität eine absurde Tönung erhalten. Insgesamt waren sieben Darsteller an der Figur beteiligt, vornehmlich war es aber Ed Gale – der seine Karriere hier begann und in der Folge mit MEL BROOKS‘ SPACEBALLS (1987) und DIE MÖRDERPUPPE (1988) Bekanntheit erlangen sollte – der dem Enterich Leben einhauchte. Die teilweise animatronische Figur gehört somit sicherlich zu den skurrilsten Auswüchsen dieser Hochphase der Tricktechnik.

Jenning: Ich habe dir Spatzengehirn doch schon klargemacht, dass ich nicht mehr Jenning bin. Ich bin jetzt einer der düsteren Beherrscher des Universums!
Beverly: Der düsteren Beherrscher des Universums?!
Howard: Das muss ja ‘ne ungeheure Verantwortung sein …

Ansonsten leistete eine wahre Horde an Effekttechnikern (darunter natürlich auch Lucas‘ hauseigene Industrial Light & Magic) wahrlich tolle Arbeit und versorgte den Streifen mit massenhaft gelungenen Effekten. So schufen die Maskenbilder mit der Figur Walter Jenning eine der wohl ausgefeiltesten und besten Mutationen der Filmgeschichte und auch die Licht- und sonstigen Trickeffekte wissen zu beeindrucken. Dazu gibt es dann noch ein feines Stop-Motion-Finale und viele weitere gelungene Spezialeffekte.
Für die weibliche Hauptrolle konnte man dann Lea Thompson gewinnen, die ein Jahr zuvor als Lorraine in ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT (1985) zu Weltruhm gelangt war. Auch hier brilliert Thompson und schafft es immer wieder durchaus trefflich, mit ihrem künstlichen Rollenpartner zu interagieren. Jeffrey Jones – der im selben Jahr mit FERRIS MACHT BLAU (1986) einen ungemeinen Hit landete – beeindruckt vor allem mittels seiner erwähnten Transformation und Tom Robbins verleiht dem Streifen als überdrehter Wissenschaftler den nötigen Sidekick-Buddy.

Was nun in seiner Gesamtheit äußerst abstrus klingen mag, ist auch genau das. Der Film verweigert sich jedem gängigen Konzept jener Zeit und knallt seinem Betrachter eiskalt gröbsten Unfug vor den Latz. Dabei ergeben sich grundsätzlich zahlreiche Mankos, die jedoch im Gesamtwerk kaum unangenehm zum Tragen kommen. Denn in seiner vollkommen unbekümmerten Art stellt der Film einfach ein wahres Unikum dar. Eine Ente, die durch eine 80er-Glam-Welt par Excellence taumelt und dabei gegen interstellare Monstren kämpft, während sie sich gleichzeitig den Problemen des entpersonalisierten Großstadtlebens begegnen muss. Das gibt es wahrlich nicht oft zu sehen. Zusammen mit John Barrys (der Herr versorgte sonst die JAMES BOND-Streifen mit passenden Tönen) eigens geschaffenem Soundtrack, entsteht so etwas gänzlich eigenes.

Jenning: Ich fühle etwas in meinem Körper, das mich zerstört! Was ist los mit mir?
Beverly: Haben Sie heute in der Kantine gegessen?

Erwartungsgemäß sahen die Kinogänger das im Jahre 1986 aber anders und so straften sie den Film mit weitestgehender Nichtbeachtung. Seine – im Zuge der Dreharbeiten vollkommen explodierten – Produktionskosten von rund 35 Millionen US-Dollar spielte der Film nur knapp wieder ein und muss sich so als finanzieller Flop betiteln lassen. Aber neben dem Desinteresse der Zuschauer traf ihn auch seitens der Kritiker die volle Breitseite. Neben unzähligen Verrissen sollte der Film bei sieben Nominierungen für die Goldene Himbeere 1987 ganze vier Trophäen abstauben: Schlechtester Film, Schlechtestes Drehbuch, Schlechtester Newcomer und tatsächlich auch Schlechteste Spezialeffekte. Immerhin blieb ihm 1990 die Goldene Himbeere für den Schlechtesten Film des Jahrzehnts erspart.
Erfreulicherweise schaffte es der Film dann aber, sich ab dem Ende der 90er Jahre eine zunehmend wachsende Fangemeinde zu schaffen, die ihn genau aufgrund der vormals bemängelten Eigenschaften verehrt: Seine krude Geschichte und seine vollkommen abstruse Hauptfigur sind heute die Grundlage eines durchaus vorhandenen Kultstatus‘, den der Film aufgrund seiner Unverwechselbarkeit auch ohne Weiteres verdient hat.

Vollkommen abstruses Wirrwarr, welches aufgrund seines unfassbaren Hauptcharakters zu Recht Kultstatus genießt. Da können auch die durchaus vorhandenen Drehbuch-Problemchen nichts dran ändern und die tollen Spezialeffekte runden das unverfälschte 80er-Erlebnis dann noch gelungen ab.

2 Antworten zu “HOWARD – EIN TIERISCHER HELD

  1. Oh, ich bin erfreut, endlich mal eine wohlwollende Besprechung dieses Films zu lesen. Sicherlich haben die Kritiker mit den meisten ihrer Punkten objektiv recht, aber für mich ist und war Howard immer einer der Inbegriffe des Popcorn-Kinos meiner Jugend.

    Und jetzt hab ich wieder den ganzen Tag einen Ohrwurm vom Schlusssong …

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  2. Pingback: INDIANA JONES UND DER LETZTE KREUZZUG | SPLATTERTRASH·

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