Judge Dredd
Judge Dredd | USA | 1995
IMDb, OFDb, Schnittberichte
Judge Dredd (Sylvester Stallone) ist der erfolgreichste und gefürchtetste unter den Gesetzeshütern, die mit eiserner Hand über die Metropole Mega City One wachen. Doch eine Tages wird ihm von dem finsteren Rico (Armand Assante) ein Mord angehängt und Dredd wird verbannt. Sein einziger Begleiter ist dabei der Kleinkriminelle Herman (Rob Schneider).
Nachdem die 80er in den USA das Filmjahrzehnt des Stärkebeweises per Zelluloid waren, sollte die folgende Dekade dann mit immer größeren Budgets und immer mehr Effekten zum Grundstein des modernen Popcorn-Kinos werden. Zu den Aushängeschildern dieses Genre zählt sicherlich auch Marco Brambillas DEMOLITION MAN (1993), der mit Sylvester Stallone einen der Helden der 80er Jahre auf eine mitunter gelungen selbstironische Tour durch eine futuristische Metropole schickt. Selbiges gedachte auch Danny Cannon zwei Jahre später zu tun; der seinerseits seit jeher ein Freund der Comicserie 2000 AD war.
Innerhalb dieser britischen Serie trat auch der gesichtslose Richter/Henker/Bulle Joseph Dredd auf, den Cannon für seinen Streifen zur Hauptrolle auserkor. Die Autoren Steven E. de Souza und William Wisher Jr. wurden dann damit beauftragt, ein Skript für einen Spielfilm anzufertigen. Beide hatten durch ihr Mitwirken an Filmen wie TERMINATOR (1984), PHANTOM KOMMANDO (1985), STIRB LANGSAM (1988), STIRB LANGSAM 2 (1990) oder TERMINATOR 2 – TAG DER ABRECHNUNG (1991) einiges an Action-Expertise angesammelt und so wurde schon durch die Wahl des Personals klar gestellt, wohin die Reise gehen soll.
Hershey: Wäre es nicht erfrischend, zur Abwechslung mal Gefühle zu haben?
Dredd: Gefühle? Dagegen sollte es Gesetze geben!
Da man Stallone jedoch als Zugpferd mit an Bord hatte, musste der Film in einem zentralen Punkt von der Comicvorlage – aus mehreren derer Episoden er sich ansonsten zusammensetzt – abweichen: Dredd brauchte ein Gesicht. Denn im Comic bekommt der Leser nie dessen Antlitz zu sehen. Aber ein Stallone spielt natürlich nicht mit, wenn er nicht zu sehen ist, also fällt der Helm nach wenigen Minuten. Was nebensächlich wirken mag, stellt sich als ein entscheidendes Problem des Films heraus. Denn in der Vorlage ist Dredd mitnichten ein Sympathieträger, sondern ein geradewegs faschistischer Rächer, den zu mögen der Leser nie gezwungen wird; und es deshalb auch kaum tut. Im Film wird diese an sich anonyme Rächergestalt jetzt aber mit dem Gesicht Stallones verbunden, was für einen oftmals sehr unangenehmen Beigeschmack sorgt, da das faschistisch-autoritäre Gehabe dem Publikum so von einem Sympathieträger vorgetragen wird.
Das sorgt dann auch dafür, dass der Film inhaltlich zum allergrößten Teil nur Kopfschütteln hervorrufen kann. Immer und immer wieder tragen fast sämtliche Rollen ihre Überzeugungen per pathetischen Onelinern vor, was jedoch nur höchst selten seinen Zweck erfüllt. Überwiegend wirkt das schlicht langweilig. Leider wird auch das an sich gelungene Ende – welches Rico kurzzeitig als Rebellen gegen das autoritäre System zeigt – nicht konsequent zu Ende gedacht, was dem Film inhaltlich gänzlich das Genick bricht.
In Sachen Darsteller gibt Stallone wieder einmal seine klassische Rolle zum Besten, kann jedoch kaum an seine wirklich großen Momente anknüpfen. Diane Lane – die 1984 in Walter Hills Thriller-Drama STRAßEN IN FLAMMEN zu sehen war – gibt ein stereotyp-langweiliges Love-Interest und Armand Assante einen ebenso klassischen Antagonisten. Immerhin kann der Streifen mit Jürgen Prochnow und Max von Sydow zwei Mimen von Weltrang aufbieten, die sich in ihren Leistungen jedoch nahtlos einreihen. Richtig nervig fällt hingegen Rob Schneider aus, der als ewig sabbelnder Sidekick hier auch eine Entwicklung der 90er Jahre mitträgt.
Dredd: Was machen Sie da hinter dem Auto?
Hershey: Wir warten auf Verstärkung.
Dredd: Sie ist da!
Positiv muss man sicherlich die Optik des Films anmerken, denn diese mischt gekonnt zahlreiche Kulissen, Kostüme und Effekte mit den gerade aufkommenden CGI-Elementen und schafft so einen sehr konsistenten und seine Comic-Herkunft nie verhehlenden Look. Dieser stammt übrigens überwiegend von Peter Young, der sechs Jahre zuvor auch Tim Burtons BATMAN mit einem schickten Gotham versorgte. Aber auch die Kostüme und Spezialeffekte können durchaus überzeugen und lassen immer wieder erahnen, wo die 70 Millionen US-Dollar an Budget hingeflossen sind. So führt der Streifen die erwähnte Stilrichtung jener Zeit fort und versucht vornehmlich über seinen optischen Prunk und Protz zu unterhalten.
Das klappt letztlich auf der Ebene der substanzlosen Action-Unterhaltung ordentlich; mehr jedoch wirklich nicht. Denn wo dumme Sprüche und Geballer den pubertierenden Stallone-Jünger ohne Weiteres zu begeistern vermögen, wird jeder andere Zuschauer von der erschreckenden Verquickung von Autorität und Vergnügen immer wieder in seinem Genuss gestört.
Klassische 90er-Jahre-Bombast-Unterhaltung, die jedoch daran scheitert, dass ihre Hauptfigur zugleich faschistisch und gut sein soll. Und auch wenn das kaum so intendiert sein dürfte, schmälert es den Genuss des darstellerisch flachen, aber optisch gelungenen Streifens doch maßgeblich.
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