Die Irrfahrten des Herkules
Goliath contro i giganti | Italien | 1961
IMDb, OFDb, Schnittberichte
Während Herkules (Brad Harris) an den Grenzen des Reiches gegen diverse Schergen antritt, reißt sich der hinterhältige Bokan (Fernando Rey) sich in der Heimat Beirath den Thron unter den Nagel. Doch als Herkules schnell nach Hause eilen will, um den Betrüger des Amtes zu entheben, unterlaufen ihm diverse Missgeschicke, sodass seine Reise länger dauert, als zunächst angenommen.
Nachdem Mario Bonnard und Sergio Leone mit DIE LETZTEN TAGE VON POMPEJI (1959) gezeigt hatten, dass sich auch in Cinecittà erfolgreiche Monumentalfilme herstellen ließen, brach eine wahre Welle an nun Sandalenfilm genannten Werken über die Lichtspielhäuser Europas herein. Dabei wurde jeder zur Verfügung stehend mythologische Held genutzt, um dem Publikum stets neu Heldentypen zu präsentieren.
Unter den zahlreichen italienischen Filmschaffenden, denen dieses sehr personalintensive Genre Arbeit verschaffte, war auch Guido Malatesta, der bereits mittels der Arbeiten an DIE FURCHTLOSEN VON PARMA (1960) und DIE RACHE DER BARBAREN (1960) Erfahrungen auf diesem Gebiet hatte sammeln können. Maltesta suchte sich zunächst den US-amerikanischen Bodybuilder Mark Forest als Hauptrolle aus, doch dieser brach sich kurz vor Drehbeginn ein Bein und konnte somit nicht mitwirken. Denn eine Verschiebung stand aus Kostengründung nicht zur Debatte und so schlug die Stunde des Agenten Fernando Girloami. Dieser hat nämlich zu jener Zeit den jungen Amerikaner Brad Harris unter Vertrag, der soeben eine Komparsenrolle in SPARTACUS (1960) bekleidet hatte und der somit das Flair Hollywoods versprühte. Malatesta war sogleich überzeugt und Harris hatte die Rolle.
Bokan: Herkules wird Beirath nicht betreten. Dieses Land gehört mir. Dieser Thron gehört mir. Mit meinem Staatsrat, mit meiner Leibwache, mit den Riesen und Ungeheuern werde ich ihm die nötige Abfuhr erteilen.
Daina: Aber du kannst ihn auf einfachere Weise aufhalten.
Bokan: Natürlich, indem ich alle Tore der Stadt streng bewachen und ihn dann abführen lasse!
Schwieriger gestaltete sich da schon die Drehbucharbeit, die von insgesamt fünf Herren abgeleistet wurde. Die Hauptleistung erbrachte wohl Cesare Seccia, der ein Jahr später auch Leones Frühwerk DER KOLOSS VON RHODOS (1961) mitschreiben sollte, aber auch bekannte Namen wie Sergio Sollima und Gianfranco Parolini sollten ihre Finger mit im Spiel haben. Letzter sogar nicht nur als Autor, sondern auch als Regisseur, denn eine Erkrankung von Malatesta brachte ihn auf den Regiestuhl und sorgte so maßgeblich mit für die Entstehung der lebenslangen Freundschaft zwischen Harris und Parolini.
Und Harris gibt in seiner ersten Hauptrolle einen ordentlichen, wenn auch stereotypen Herkules (im italienischen Original übrigen Goliath). Seine Muskeln glänzen in der Sonne und seine Dialoge bringt er ebenfalls unfallfrei über die Bühne. Und das reicht bekanntlich, um in diesem Metier Erfolg zu haben. Als Antagonisten gibt es den herrlich schmierig spielenden Spanier Fernando Rey zu sehen, der seine Karriere bereits Ende der 30er Jahre begonnen hatte und der seinen größten Erfolg eine Dekade später in William Friedkins BRENNPUNKT BROOKLYN (1971) feiern sollte.
Auf Seiten der Damen gibt Mara Fiè unter dem Pseudonym Gloria Milland eine gelungene Darbietung als zunächst zwielichtiges, dann allerdings höchst stereotypes Love-Interest. Barbara Carroll rundet den Cast als fiese Gehilfen von Bokan ab. Carroll war übrigens – ebenso wie Rey – schon ein Jahr zuvor im bereits erwähnten DIE LETZTEN TAGE VON POMPEJI zu sehen.
Junge: Auf der anderen Seite des Vorgebirges habe ich Rauch gesehen!
Typ: Das ist nicht gut möglich.
Die etwas unruhige Storyline konzentriert sich dann vor allem auf skurrile Kämpfe, denen sich der Titelheld stellen muss. Egal ob ein Seeungeheuer, ein Amazonenstamm, ein Barbarenclan, diverse wilde Tiere oder Gladiatoren, Herkules nimmt es mit jedem auf. Dazu werden noch massig Schiffsmasten abgebrochen, Steine geworfen und letztlich sogar Berge gespalten. Die Hintergrundgeschichte verkommt sehr schnell zur bloßen Staffage für all diese Darbietungen und der Film ordnet sich so ohne Weiteres im eher Fantasy-orientierten Bereich des Genres ein.
So entscheidet letztlich der Anspruch des Betrachters, was von diesem Streifen zu halten ist. Freunde epischer Monumentalkost dürften mit diesem billig produzierten – jedoch durchaus ansehnliche Kulissen darbietenden – Streifen so ihre Probleme haben, aber Freunde von Latex- und Fell-Monstern finden hier durchaus einiges an goutierbarem Material. Unkompliziert zu unter halten vermag der Film aber auf jeden Fall und als Karrierebeginn von Brad Harris kommt ihm sogar eine gewissen filmhistorische Relevanz zu.
Brad Harris‘ Spielfilmdebut ist sicherlich kein Klassiker des Sandalenfilms, aber lockere Fantasy-Trash-Unterhaltung bietet der Streifen allemal.
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