Liebesgrüße aus Moskau
From Russia with Love | Großbritannien | 1963
IMDb, OFDb, Schnittberichte
Die russische Überläuferin Tatiana Romanova (Daniela Bianchi) bietet dem britischen Geheimdienst eine russische Dechiffriermaschine an. Obwohl klar ist, dass es sich um eine Falle handelt, entsendet man James Bond (Sean Connery), um die Maschine zu besorgen. Was noch keiner der Beteiligten weiß: Hinter der Falle steckt die Verbrecherorganisation Phantom, die sich für den Tod von Dr. No rächen will!
Nachdem Albert R. Broccoli und Harry Saltzman mit ihrer frisch gegründeten Produktionsfirma Eon Productions dank des Erfolges von JAMES BOND 007 JAGT DR. NO (1962) in sicheren Gewässern schipperten, konnte man sich in Ruhe an die Planung der nächsten Verfilmung begeben. Aus den zahlreich vorhandenen Vorlagen wählte man als nächstes den 1957 fertiggestellten Roman Liebesgrüße aus Moskau. Das Budget von zwei Millionen US-Dollar war auch schnell gestemmt, hatte der Erstling doch eine nicht unerhebliche Summe in die Kassen gespült.
Um einen derartigen Erfolg zu wiederholen setzte man natürlich auf bewährtes Personal, sodass vor allem Regisseur Terence Young ein weiteres Mal gebucht wurde. Aber auch Richard Maibaum wurde als Drehbuchautor beibehalten und aufgrund der verkleinerten Anzahl an Schreiberlingen mit mehr Kompetenzen ausgestattet. Neben diesen zentralen Besetzungen buchte man aber auch erneut John Barry für den Ton, Ted Moore für die Kamera- sowie Peter R. Hunt für die Schnittarbeit.
Ali Kerim Bey: Es ist immer gut, einen Sohn für etwas zu haben. Man kann gar nicht genug Söhne haben!
Deutlich anders gelagert als ein Jahr zuvor ist dann allerdings die Ausrichtung der Handlung. Während Bond in seinem ersten Leinwand-Abenteuer das (für damalige Verhältnisse besonders) exotische Jamaika beehrt und sich dort in unterirdischen Geheimbasen und an paradiesischen Stränden herumtreibt, verschlägt es ihn diesmal nach Istanbul, wo er deutlich bodenständigere Abenteuer erlebt. Denn im Gegensatz zu dem weitestgehend fiktiven Rahmen des ersten Teils, dient nun der Ost-West-Konflikt jener Zeit als Hintergrund. Das verleiht dem Film – der sich abgesehen von den üblichen Klischees eines politischen Kommentares zu enthalten versucht – einen deutlich ernsteren Touch; der sich auch in der Inszenierung wiederindet.
Denn Young passt die Form an den Inhalt an und bietet die Geschehnisse folglich sehr viel ernster und härter dar. Mehrere Male wird so auch die Härte und Kühle von Bonds Rolle betont und letztlich wird der Film so sehr viel mehr zum Agenten-Krimi als zum Agenten-Abenteuer. Hier findet sich auch der größte Streitpunkt unter Fans des Films, denn was die eine Partei als großartig und mutig lobt, wird von der anderen als zu rau und unspektakulär empfunden.
Und tatsächlich ist die Zahl der Kulissen und Sets deutlich geringer bzw. fallen diese unspektakulärer aus, als bei JAMES BOND 007 JAGT DR. NO. Das soll nun nicht heißen, dass das nächtliche Istanbul nicht eine prächtige Kulisse darstellt oder dass die Zugfahrt nicht stimmig und spannend ausfällt, aber die optische Pracht seines Vorgängers (und vieler Nachfolger) erreicht der Film einfach nicht. Das steht sicherlich in Zusammenhang damit, dass der Produktionsdesigner Ken Adam, der das Franchise ansonsten mit seiner ganz eigenen Optik versah, bei diesem Teil der Reihe nicht zur Verfügung stand.
Grant: Die erste Kugel wird Sie nicht töten. Die zweite auch nicht. Die dritte auch noch nicht. Bevor ich Sie aber ins Jenseits befördere, werden Sie mir noch die Füße küssen!
Dafür ist Sean Connery mittlerweile vollends mit der Figur James Bond verwachsen und verleiht der Rolle so mit Leichtigkeit ihre typische Eleganz und Lockerheit. Als weibliche Hauptrolle gibt es dieses Mal die Italienerin Daniela Bianchi, die hier zu ihrer ersten Hauptrolle kommt. Diese meistert sie souverän zu kann sich so mit dem Mexikaner Pedro Armendáriz auf eine Stufe stellen, der hier den türkischen Kontaktmann Ali Kerim Bey gibt. Leider erkrankte Armendáriz während der Dreharbeiten unheilbar und brachte sich nach Beendigung seiner Szenen selber um.
Auf Seiten der Fieslinge fährt der Film dann gleich mehrere tolle Mimen auf und ist so gegenüber dem etwas blassen Dr. No aus dem Vorgänger klar im Vorteil. Die österreichische Theater-Schauspielerin Lotte Lenya brilliert als vollkommen überzeichnete russische Ex-Agentin, die jetzt für Phantom tätig ist und die die augenzwinkernde Umsetzung, die der Film seinem ernsten Hintergrund zu Teil werden lässt, nochmals bescheinigt. Daneben mimt Robert Shaw einen zwar sehr reduzierten, damit aber in einem gelungenen Kontrast zu Lenya stehenden Killer-Stereotypen.
Inhaltlich werden dann noch zwei Charaktere eingeführt, die dem Franchise für lange (bzw. sehr lange) Zeit treu bleiben sollten. Zum einen erhält Ober-Bösewicht Ernst Stavro Blofeld seinen ersten Auftritt (bei dem sein Gesicht allerdings noch nicht zu sehen ist, sondern nur seine von Anthony Dawson verkörperte Silhouette) und zum anderen darf Desmond Llewelyn sein Debut als James Bond mit Gadgets ausstattender Q geben. Insofern trägt auch LIEBESGRÜßE AUS MOSKAU, trotz seines etwas ungewohnten Grundtons, zur weiteren Konstitution der Serie-Eckpunkte bei.
Bond: Ein Engländer trinkt nie roten Wein zum Fisch. Das hätte mir eine Warnung sein müssen.
In Sachen Musik bleibt fast Alles beim Alten und das bereits bekannte und etablierte Hauptthema wird um das neue Stück namens 007 erweitert, welches fortan die Actionszenen der folgenden Filme untermalen soll. Übrigens wird das von Matt Munro eingesungene Titelstück im Gegensatz zu anderen JAMES BOND-Filmen nur im Abspann gespielt, während der Vorspann sich mit einer Akustikversion begnügen muss.
Auch LIEBESGRÜßE AUS MOSKAU schlug bei seiner Veröffentlichung ein wie eine Bombe und zählt bis heute – trotz der erwähnten Eigenheiten – zu den bestrezipierten Filmen der Serie. Vor allem aber etabliert der Streifen vor allem auf der Figuren-Ebene weitere zentrale Charaktere und Rollen des Franchise‘ und ist sich seines wichtigen Platzes in der Bond-Historie somit sicher.
Bonds zweites Abenteuer fällt zwar realistischer und rauer, aber gewohnt spannend und einfallsreich aus. Connery wird vollends eins mit der Figur James Bond und Young hilft ihm dabei mit gewohnter Finesse.
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