ICH, DR. FU MAN CHU

Ich, Dr. Fu Man Chu
The Face of Fu Manchu | Deutschland/Großbritannien | 1965
IMDb, OFDb, Schnittberichte

Dr. Fu Man Chu (Christopher Lee) ist tot! Doch seine Hinrichtung soll nicht von langer Dauer sein und schon nach kurzer Zeit sorgen mysteriöse Morde und die Entführung des Wissenschaftlers Professor Merten (Walter Rilla) für Verwirrung in London. Also macht sich Nayland Smith (Nigel Green) vom Scotland Yard zusammen mit Mertens Gehilfen Carl Jannsen (Joachim Fuchsberger) auf die Suche nach dem Bösewicht.

Bereits in der Frühzeit des Tonfilm erfreute sich die von Sax Rohmer erfundene Figur des Fu Man Chu großer Beliebtheit und wurde mit Walter Oland als Hauptrolle in den Filmen DER GEHEIMNISVOLLE DOKTOR FU MAN CHU (1929), DIE RÜCKKEHR DES DOKTOR FU MAN CHU (1930) und DIE TOCHTER DES DOKTOR FU MAN CHU (1931) sowie dem Boris Karloff-Streifen DIE MASKE DES FU-MANCHU (1932) gleich viermal in die Lichtspielhäuser geschickt. Danach wurde es für mehrere Jahrzehnte ruhig um die Figur, bevor die JAMES BOND-Filme Anfang der 60er Jahre einschlugen und einen riesigen Markt für Agentenfilme und überlebensgroße Bösewichte schufen. Bereits der Erstling JAMES BOND 007 JAGT DR. NO (1962) etablierte dabei einen derart ikonischen Verbrecher, dass die Nachahmer nicht lange auf sich warten lassen konnten.
Das erkannte auch der britische B-Produzent Harry Alan Towers, der sich daraufhin die Rechte an einigen der bisher unverfilmten FU MAN CHU-Bücher sicherte und sich mit der deutschen Constantin Film zusammentat. Diese hatte mit ihren EDGAR WALLACE-Filmen seit einiger Zeit einen riesigen Erfolg und wirkte so wie ein kompetenter Partner zur Umsetzung weiterer Kriminalgeschichten. Auf dem Regiestuhl wurde dann Don Sharp platziert, der soeben für die Hammers Studios DER KUß DES VAMPIRS (1962) und die TEUFELSPIRATEN (1963) inszeniert hatte.
Das Script stand ebenfalls von Towers und stellt sich bei näherer Betrachtung als recht flache Angelegenheit heraus. Die Logik geht schon nach wenigen Minuten über Bord und macht Platz für eine launige Kriminalgeschichte ohne große Überraschungen. Das Fu Man Chu seine Hypnosefähigkeit nur sehr inkonsequent nutzt und Smiths Ermittlungen überwiegend dilettantisch wirken wird dann schnell vom flotten Ablauf der Dinge aufgewogen.

Direktor: Einen Moment! Sie können doch die toten Chinesen hier nicht einfach so liegen lassen, oder?

Dabei inszeniert Sharp das Ganze durchweg altbacken. Von der Geschwindigkeit und Klasse eines LIEBESGRÜßE AUS MOSKAU (1963) oder gar GOLDFINGER (1964) ist hier nichts zu spüren, stattdessen fühlt sich der Film über weite Strecken an wie ein EDGAR WALLACE-Film der ersten Generation. Das ist natürlich beileibe nichts Schlechtes, sondern funktioniert zusammen mit dem typischen London-Setting beinahe gewohnt gut.
Um dieses zu erzielen, verschlug es die Produktion übrigens nach Irland. Denn Towers war der Meinung, dass die sich in der Modernisierung befindliche englische Hauptstadt nicht mehr dem von Sax Rohmer beschriebenen London der 20er und 30er Jahre entspräche. Stattdessen fand die Produktion in Dublin ein deutlich britischeres Flair und wurde in der Folge ausschließlich in Irland gedreht. Diese Entscheidung konfrontierte das Team allerdings auch mit äußerst schlechtem Wetter, sodass sich ein Großteil der Besetzung mit beständiger Krankheit herumquälen musste und der zum Drehzeitpunkt 70-jährige Walter Rilla ernsthafte gesundheitliche Probleme bekam.

Trotzdem liefert Rilla im Film dann eine gelungene, wenn auch höhepunktlose Darbietung als entführter Professor ab. Als dessen Tochter bewegt sich die EDGAR WALLACE-erprobte Karin Dor auf gewohntem Terrain und präsentiert ein weiteres Mal ihre klassischen aufgerissenen Augen; gleiches gilt für Joachim Fuchsberger, der charmant wie immer daherkommt und hier mit Nigel Green zusammenarbeitet. Der in Großbritannien ebenso bekannte wie beliebte Green gibt dabei einen ordentlichen, aber keineswegs herausragenden Oberst Nayland Smith.

Nayland Smith: Seit wann sind Sie denn hier?
Robinson: Ich habe mich vor fünf Jahren von der Welt verabschiedet, seitdem lebe ich im Keller!

In der Haut des Fu Man Chu tritt Christopher Lee das Erbe von Warner Oland und Boris Karloff an und hat damit ein schweres Erbe, gilt doch vor allem ersterer als die perfekte Verkörperung des diabolischen Genies. Lee macht seine Sache dann ordentlich, leidet jedoch ein wenig an der starren Interpretation der Rolle. Es gibt kaum Emotionen oder Mimik zu spielen, sodass es Lee schwer fällt, sich zu profilieren. Ob man darin nun das wahre Können oder eine gewisse Einfallslosigkeit sehen möchte, sei jedem Zuschauer selbst überlassen.
Unstrittiger ist da schon die gelungene Maskenarbeit, die aus Lee einen Asiaten macht. Diese Verwandlung findet mittels aufgeklebter Augenlieder und viel Schminke auf den Wangenknochen statt und schafft so eine gelungene Illusion. Das das Ganze einen durchaus artifiziellen Look hat, trägt dabei durchaus zum mysteriösen Aussehen des Fu Man Chu bei. Aber auch die sonstige Ausstattung des Films ist durchweg gelungen und bietet sowohl schöne Außenaufnahmen irischer Dockanlagen, als auch eine stimmig ausgestattete Geheimbasis von Fu Man Chu; inklusive gemeiner Fallen und Kerker.
Der Streifen stieß dann seinerzeit auf nur geteiltes Interesse bei seinem Publikum, ebnete aber trotzdem den Weg für vier weitere Filme, in denen Christopher Lee stets das Böse verkörperte und Harry Alan Towers stets die Kontrolle als Produzent inne hatte.

Unterhaltsamer Neustart mit einer tollen Be- und einer gelungenen Umsetzung. Und wenn Fu Man Chu seine finsteren Pläne mal wieder in die Tat umsetzt, dann können auch kleinere Logiklöcher den Spaß nicht trüben.

5 Antworten zu “ICH, DR. FU MAN CHU

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