Der Frosch mit der Maske
Der Frosch mit der Maske | Dänemark/Deutschland | 1959
IMDb, OFDb, Schnittberichte
Ein Verbrecher, den alle nur als „den Frosch“ kennen, treibt in London sein Unwesen. Der private Ermittler Richard Gordon (Joachim Fuchsberger) ist diesem ebenso auf den Fersen, wie Inspektor Elk (Siegfried Lowitz). Als sich die Morde häufen, spitzt sich die Situation immer mehr zu, und schließlich gerät auch Gordon höchstpersönlich ins Fadenkreuz des Verbrechers.
Bereits in den 20er und 30er Jahren erkannten diverse deutsche Filmstudios das Potenzial, welches in den Romanen des englischen Schriftstellers Edgar Wallace schlummerte. Der 1932 verstorbene Autor hinterließ ein über 100 Veröffentlichungen zählendes Werk an Kriminalromanen, welches in seiner Struktur oftmals prädestiniert dafür war, Umsetzung im aufkommenden Tonfilm zu finden. Diese frühen Umsetzungen, die mit DER ROTE KREIS (1929), DER ZINKER (1931) oder DER HEXER (1932) bereits Titel enthielten, die später wiederum verfilmt werden sollten, liefen dann zwar erfolgreich, sollten aber 1934 vorerst ihr Ende finden.
Zwanzig Jahre später gab es dann erste Bemühungen, weitere EDGAR-WALLACE-Filme zu drehen, allerdings kam man auf Seiten der Constantin Film zu dem Schluss, dass derartige Krimi-Kost in Anbetracht des gerade herrschenden Zuschauer-Geschmacks ein hohes finanzielles Risiko berge. Erst der Einstieg der dänischen Rialto Film Preben-Philipsen sorgte dann dafür, dass das Risiko kalkulierbar wurde und man einigte sich zusammen auf einen finanziellen Rahmen von maximal 600.000 DM.
Waldfried Barthel, der Chef der Constantin Film, war es dann, der Harald Reinl als Regisseur vorschlug. Reinl hatte sich zuvor als Regisseur von diversen Heimatfilmen einen Namen gemacht, doch erst dieses Engagement sollte seiner Karriere den entscheidenden Schub geben. Vier weitere Regiearbeiten innerhalb der EDGAR-WALLACE-Reihe folgten und diese sorgten dafür, dass ihn die Rialto Film auch als Regisseur der KARL-MAY-Filme buchte. Insofern stellte DER FROSCH MIT DER MASKE für Reinl, in der Folge einer der prägendsten deutschen Regisseure der Nachkriegszeit, den eigentlichen Karriere-Startpunkt dar.
Gordon: Na, Inspektor, haben Sie was entdeckt?
Elk: Entdeckt … ich bin doch nicht Kolumbus …
Als Vorlage entschied sich die Produktion dann für die Kriminalgeschichte Der Frosch mit der Maske (deren englischer Originaltitel The Fellowship of the Frog lautet), die im Jahre 1925 in England respektive 1926 in Deutschland veröffentlicht wurde. Ab 1952 führt der Goldmann Verlag den Titel dann als Nummer 1 seiner Krimireihe, was die Entscheidung der Produzenten wohl maßgeblich mitbeeinflusst haben dürfte. Die Aufgabe der Drehbuch-Umsetzung fiel dann an Egon Eis, der bereits 1931 das Script für den Vorkriegs-Wallace-Film DER ZINKER mitverfasst hatte. Eis, der diese und alle weiteren Beteiligungen an EDGAR-WALLACE-Filmen unter dem Pseudonym Trygve Larsen bestreiten sollte, wurde dabei von Jochen Joachim Bartsch unterstützt. Die Hauptaufgabe der Beiden bestand darin, den für Wallace-Verhältnisse recht umfangreich aufgefallenen Roman auf ein leinwandgerechtes Format zurechtzustutzen.
Das gelang dann auch recht gut, nur stellenweise fällt noch auf, dass einige Rollen stark eingegrenzt (oder gleich gänzlich gestrichen) wurden. Trotzdem bleibt die Anzahl an Rollen sehr groß, sodass der Film ein komplexes Wechselspiel vieler Charaktere darstellt. Oftmals geht das auf Kosten des Storytellings, sodass es mitunter lange Passagen gibt, die ohne wirkliche Fortentwicklung auskommen und sich stattdessen gänzlich auf die Ausarbeitung der Charaktere konzentrieren. Doch die Whodunit-Spannung geht dabei keineswegs verloren, vielmehr sorgte das enge Netz an Beziehungen, welches der Zuschauer im Laufe der Films kennenlernt, für eine intensive Einfühlung in die Situation.
Reinl inszeniert das Ganze dann durchaus flott, zahlreiche Kameraschwenks- und fahrten sorgen für Abwechslung. Immer wieder gibt es einfallsreiche Einstellungen zu sehen. Im Fokus stehen dabei natürlich die Morde, befinden wir uns doch im tiefen Sumpf der Trivialunterhaltung. Zahlreiche Todesfälle werden optisch imposant dargestellt, die Szene, in der Eva Pflug an einen Stuhl gefesselt ist und dann per Maschinengewahr zu Tode kommt, treibt die Ausrichtung sicherlich auf die Spitze. Aber auch davon ab gibt es zahlreiche (im zeitlichen Kontext betrachtet) brutale und explizite Szenen, die dem Film eine gewisse Anrüchigkeit verleihen; und davon ab zur Folge hatten, dass er lediglich in geschnittener Form den Weg in die Lichtspielhäuser fand.
Polizist: Ich kenne Sie, Inspektor. Sie wissen schon mehr, das ist nicht alles …
Elk: Doch, das ist im Moment alles. Wenn ich mehr wüsste, wäre ich ein Genie. Aber ich bin kein Genie, ich bin nur Beamter …
Unterstützt wird dieser raue Charme dann durch das Artdesign des Films. Der Streifen wurde überwiegend in Kopenhagen sowie in den Palladium-Studios im dänischen Hellerup gedreht. Dort erschuf man eine höchst schmierige Umgebung, die dann – unterlegt von einigen Panorama-Aufnahmen Londons – zu diesem unverwechselbar wallace‘schem London-Flair führt. Banden, Hafenkneipen und verschmutzte Unterschlupfe prägen das Bild ebenso wie das typisch ländliche Umfeld Londons, dem viele der Charaktere entspringen. Der skurril verkleidete Bösewicht steht dabei im Kontrast zu diesem ernst dunklen Stil und bricht diese Atmosphäre immer wieder auf.
Das bekannteste Gesicht in der Riege der Darsteller war dann Joachim Fuchsberger. Dieser hatte mit Reinl bereits bei den Kriegsfilmen DER GRÜNE TEUFEL VON MONTE CASSINO (1958) und U 47 – KAPITÄNLEUTNANT PRIEN (1958) zusammengearbeitet, gibt hier den charmanten Privatdetektiv Gordon und wird so locker und lässig zum Liebling der Zuschauer. Dem gegenüber steht mit Siegfried Lowitz der nüchterne und zynische Inspektor Elk, der mit trockenem Witz und viel Ruhe an den Fall herangeht. Die parallel stattfindenden Ermittlungen der Beiden laufen in der Folge mehr und mehr zusammen, was auch zu immer mehr – äußerst unterhaltsamen – Konfrontationen der Rollen führt.
Neben diesem zentralen Pärchen gibt es mit Fritz Rasp, der neben seinem Auftritt in METROPOLIS (1927) ebenfalls bereits an DER ZINKER (1931) und DER HEXER (1932) beteiligt war, und Ernst Fritz Fürbringer auch alteingesessene deutsche Schauspieler zu sehen, während man mit Eddi Arent auch einen jungen unbekannten Darsteller zu Gesicht bekommt. Arent, der zuvor einige Nebenrollen für die Constantin Film abgeleistet hatte, wurde von den Produzenten in den Film gewünscht, um für etwas mehr Humor und Lockerheit zu sorgen. Als Butler James überzeugte Arent dann vorbehaltlos und so sollte er in den nächsten Jahren und Jahrzehnten mit insgesamt 23 EDGAR-WALLACE-Beteiligungen und weiteren Auftritten in den KARL-MAY-Filmen zu einer Konstanten im Gesamtwerk der Rialto Film werden.
Polizist: Stop! Fahren Sie weiter!
Gordon: Beides zusammen geht leider nicht …
Die Damenwelt ist dann leider (der Zeit entsprechend) etwas unterrepräsentiert. Elftraud von Kalckreuth mimt hier unter dem Pseudonym Eva Anthes eine stereotype Opferrolle, die außer sich an ihre Begleiter zu schmiegen kaum etwas tut. Besser ist es da schon um Eva Pflug bestellt, die als Nachtclubsängerin (deren Stimme während ihres Gesangsauftrittes aber nachsynchronisiert wurde) immerhin ein wenig fatalen Charme versprühen kann. Doch auch diese Rolle bleibt letztlich blass, nur ungefähr 15 Minuten lang darf Pflug Stärke zeigen, danach verfällt auch sie in das Opfer-Schema.
Die Veröffentlichung des Films im September 1959 trieb dann mehr als 3,2 Millionen Besucher in die Kinos, sodass die Produktion weiterer EDGAR-WALLACE-Filme vollkommen außer Frage stand. Die Grundlagen waren geschaffen, die Vorlagen zahlreich, die Erträge riesig. Allein die Rialto Film sollte bis zum Ende der 60er Jahre über 30 weitere Filme in diesem Segment produzieren, dazu kommen weitere von Wallace inspirierte Filme anderer Produktionsgesellschaften sowie unzählige Nachahmer und Epigonen. Somit sollte DER FROSCH MIT DER MASKE nicht nur zum Anstoß der erfolgreichsten und langlebigsten deutschen Filmreihe werden, sondern die europäische Filmlandschaft jener Zeit (bis hin zum italienischen Giallo) auch maßgeblich mitgestalten. Und letztlich bleibt der Streifen auch abseits dieser ganzheitlichen Betrachtung einfach ein verdammt unterhaltsamer Film.
Der Grundstein der deutschen Wallace-Filme: Toll besetzt, flott inszeniert und folglich äußerst unterhaltsam. Da erscheint es nur logisch, dass der Film ein derartiges Echo nach sich zog und ein ganzes Filmuniversum begründete.
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