EINER GEGEN DAS IMPERIUM

Einer gegen das Imperium
Il Mondo di Yor | Frankreich/Italien/Türkei | 1983
IMDb, OFDb, Schnittberichte

Der Krieger Yor (Reb Brown) zieht einsam und alleine durch die Welt, denn er weiß nicht, woher er kommt und von wem er abstammt. Als er die schöne Ka-Laa (Corinne Clery)  kennenlernt, geht er diesem Geheimnis schließlich in Begleitung nach. Als er eines Tages in einem kleinen Dorf zu Gast ist, wird dieses von mysteriösen Wesen mit futuristischer Technik angegriffen. Yor geht diesem Angriff auf den Grund und lüftet schließlich das Geheimnis seiner Herkunft.

Rip-Offs gehören zum italienischen Kino wie die Keule zum Barbaren. Nachdem CONAN – DER BARBAR 1982 bewiesen hatte, dass das Kinopublikum für derartige Fantasy-Streifen empfänglich ist, gingen die Südeuropäer sofort daran, das Thema mit qualitativ oft recht zweifelhaften Produktionen auszuschlachten. Einer davon war Antonio Margheriti, der sich mit Streifen wie URSUS UND DIE SKLAVIN DES TEUFELS, GEMINI 13 – TODESSTRAHLEN AUF KAP CANAVERAL oder auch dem großartigen ASPHALT-KANNIBALEN bereits zu einem der großen italienischen Filmschaffenden aufgeschwungen hatte.
Der Produzent Michele Marsala konnte dann erstaunlich viel Geld auftreiben, welches zu großen Teilen aus der Türkei stammte. Im Gegensatz zu vielen Genrekollegen, die einfach die Story von CONAN – DER BARBAR oder wahlweise CONAN – DER ZERSTÖRER kopierten, bedienten sich Margheriti und Robert D. Bailey in Sachen Drehbuch bei einer italienischen Comic-Vorlage. Das macht das wirre Script natürlich nicht besser, soll aber der Vollständigkeit halber Erwähnung finden. Die Ambitionen, die diese ganze Produktion birgt, hat Margheriti in einem Interview mit der Splatting Image nämlich sehr treffend wie folgt beschrieben:

Es ist wirklich ein lustiger Streifen, den ich mit extrem niedrigem Budget realisieren mußte. Ich habe immer eine Menge Spaß, wenn ich mir den Film nochmals ansehe, wirklich ein perfekter Partystreifen und so habe ich ihn eigentlich auch immer eingestuft. (Quelle)

Um dem Streifen etwas mehr Pfeffer zu verleihen, hat man sich nicht nur bei Barbaren-Geschichten bedient, sondern auch gleich noch eine ordentliche Portion KRIEG DER STERNE eingestreut. Nach einer Stunde verlagert sich der Stil nämlich vom Barbaren-Klopper in Richtung Sci-Fi-Reißer und tauscht Fellkostüme gegen Darth-Vader-Gedächtnis-Masken. Was einen zuerst ungläubig glotzen lässt, stellt sich im Nachhinein als genialer Kniff heraus, der den Film unheimlich kurzweilig und abwechslungsreich gestaltet. Plötzlich gibt es keine Grenzen mehr und alles – aber wirklich alles – scheint möglich. Und ursprünglich war das vermutlich auch mal der Fall. Denn Der Streifen wurde als Mini-Serie für das italienische Fernsehen gedreht und umfasste insgesamt vier Episoden mit je 50 Minuten Spielzeit. Der deutschen Verleihfassung fehlen also ca. 120 Minuten an vorhandenem Material. Was das bedeuten mag, kann sich jeder selber ausmalen, es erklärt aber die teilweise sehr rumplige Inszenierung und die vielen losen Handlungsfäden. Und wer weiß, welches Meisterwerk die komplette Fassung darstellt?!

Wer sich jetzt von dem Film abzuwenden droht, für den gibt es immer noch Reb Brown. Dieser dauerhaft debil grinsende Recke rennt mit einer knallblonden (und in der Folge auch noch storyrelevanten) Perücke durch die Gegend, das es eine wahre Freude ist. Die Ex-Boxer, Ex-Sheriff und Ex-Sonstwas glänzt mit der unfassbaren Unfähigkeit, selbst in den simpelsten Situationen irgendein schauspielerisches Talent zu zeigen; für Freunde dilettantischen Gezappels eine wahre Augenweide. Ihm zur Seite steht Corinne Clery, die durch ihre denkwürdige Rolle in DIE GESCHICHTE DER O wohl noch bestens in Erinnerung sein dürfte. Komplettiert wird der engere Cast durch Margheritis Kumpel Luciano Pigozzi, der unter anderem eine Nebenrolle im Giallo-Klassiker BLUTIGE SEIDE im Portfolio führt. Und auch wenn man an schauspielerischen Leistungen wirklich nichts erwarten sollte, wächst einem der Cast während der unfassbaren Geschichte doch wirklich ans Herz.

Yor: Du trägst dasselbe Zeichen wie ich. Weißt du, was es bedeutet?
Anoa: Es heißt, dass ich einst mit den Männern hierhergekommen bin, die vom Eis festgehalten werden. Aber warum lebe ich hier? Und warum sind Sie tot? Ich weiß es nicht. Und auch nicht, wie das Eis in dieser glühenden Wüste sich bilden konnte. Alles Fragen ohne Antworten …

Und solche Freunde sind auch wichtig, wenn man sich dann irgendwann mit dem Höheren und seiner Armee aus Darth Vaders herumschlagen muss. Wer hier eigentlich was vor hat wird ohnehin kaum richtig klar, so dass die Verteilung der Rollen Gut und Böse dann arg willkürlich wirkt. Macht aber nichts, da Yor sich sowie durch alles durchkloppt was im Weg steht; ob mit flammenden Schwertern oder Laserknarren, ob gegen Höhlenmenschen oder größenwahnsinnige Gen-Doktoren ist dann auch egal. Spaß macht das aber allemal und wenn ein Film dann noch einen derart grandiosen Titelsong vorweisen kann, gibt es eigentlich keine offenen Fragen mehr.
Margheritis Barbaren-Sci-Fi-Streifen kann folglich in fast jeder Kategorie überzeugen, vorausgesetzt, der Betrachter weiß, was ihn erwartet. Wer sich dieses Werk unvorbereitet antut, wird wahrscheinlich gut zu schlucken haben, bekommt dafür aber auch eine ganz wilde Tour durch allerlei Genres und Stile geboten. Gut oder gekonnt ist dabei absolut nichts, unterhaltsam aber nahezu alles!

Unterhaltung wie aus dem Lehrbuch, obwohl wohl keiner der Beteiligten jemals eines in der Hand hatte. Da soll noch mal einer sagen, wilde Stilmixturen würden nicht funktionieren!

3 Antworten zu “EINER GEGEN DAS IMPERIUM

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