Asphalt-Kannibalen
Apocalisse domani | Italien | 1980 | IMDb, OFDb, Schnittberichte
Als Captain Norman Hopper (John Saxon) zwei seiner Untergebenen aus einem Vietkong-Lager rettet, muss er feststellen, dass die beiden gerade dabei sind menschliche Überreste zu verspeisen. Jahre später – zurück in den Vereinigten Staaten – beißt einer der beiden Geretteten, der in einer psychiatrischen Anstalt lebende Charles Bukowski (Giovanni Lombardo Radice), eine Frau und verbarrikadiert sich danach in einem Supermarkt. Neben der Polizei eilt auch Hopper zum Ort des Geschehens, ohne zu ahnen, dass der Ärger jetzt erst anfängt.
Antonio Margheriti ist heute einer der unbekannteren italienischen Regisseure. Und dass, obwohl er zu Lebzeiten unzählige launische Genre-Produktionen abgeliefert hat. Ob Mondo, Science-Fiction, Horror oder Western, Margheriti tanzte auf zahlreichen Hochzeiten und übernahm bei vielen seiner Werke nicht nur die Rolle des Regisseurs, sondern schrieb auch oft die Drehbücher und war fast immer für seine große Leidenschaft, die Spezialeffekte, zuständig. So gehen dann auf sein Konto auch Reißer wie URSUS UND DIE SKLAVIN DES TEUFELS oder GEMINI 13 – TODESSTRAHLEN AUF KAP CANAVERAL. Übrigens hat der bekannte italienische Regisseur Ruggero Deodato seine ersten Schritte im Filmwesen als Regieassistent von Margheriti absolviert. 1980 schrieb der Herr dann ein Drehbuch zusammen mit dem ebenfalls italienischen Drehbuchfachmann Dardano Sacchetti. Dieser dürfte vor allem aufgrund seiner Drehbücher für die Bava-Kracher DÄMONEN und DÄMONEN 2 bekannt sein. Aber er hat auch (wenn auch manchmal ungenannt) an den Drehbüchern der Streifen WOODOO – SCHRECKENSINSEL DER ZOMBIES und DIE GEISTERSTADT DER ZOMBIES mitgearbeitet. Die Liste seiner Arbeiten ließe sich och um einige namhafte Filmchen erweitern, aber auch so dürfte sein Stellenwert in der italienischen Filmlandschaft deutlich sein.
Das Drehbuch selbst kommt dann allerdings ein wenig unrund daher. Die Geschichte um einen Virus, der Menschen zu Kannibalen werden lässt ist dabei zwar grundsätzlich originell (und wird in modernen Zombiefilmen wie 28 DAYS LATER und 28 WEEKS LATER nur allzu gerne wieder aufgegriffen), wird aber zu inkonsequent verfolgt, als das es für den Betrachter wirklich nachvollziehbar wird. Eine einzige Szene im Krankenhaus erklärt das auftretende Phänomen mehr schlecht als recht. Hier hat sich wohl Margheritis Einfluss durchgesetzt. Dieser sieht seine Filme nach eigenem Bekunden nämlich nicht als Kunst sondern als das Ergebnis schlichter Arbeit. Und den Zweck, nämlich einen Rahmen für einen simplen Zombie-Actioner zu schaffen, erfüllt das Script allemal.
Allerdings bietet Margheriti dann bei der Inszenierung deutlich mehr als Durchschnittskost. Was in Vietnam noch sehr hölzern beginnt, entwickelt sich im Laufe des Films zu einem stark inszenierten Thriller. Tolle Kamera- und Schnittarbeit schaffen eine dichte Atmosphäre, die sich auch von den gelegentlichen Längen nichts anhaben lässt. Wenn das Drehbuch dem Stil des Films jetzt noch einen ordentlichen Hintergrund geliefert hätte, dann wäre noch deutlich mehr drin gewesen.
Denn auch was die Darsteller anbelangt, kann sich das Ding sehen lassen. John Saxon, alter US-Haudegen aus allerlei Action- und Horrorstreifen, kann als Ex-Marine vollkommen überzeugen und trägt stark zum Flair des Films bei. Noch übertroffen wird das allerdings von Giovanni Lombardo Radice, den man aus Streifen wie EIN ZOMBIE HING AM GLOCKENSEIL oder DIE RACHE DER KANNIBALEN kennt. Gerade in letzterem hat Radice bewiesen, dass ihm die Rolle einen Psychopathen gut liegt und genau das tut er auch in ASPHALT-KANNIBALEN. Seine Darbietung als vom Krieg verwirrter Ex-Soldat ist einfach großartig und untermauert ein weiteres Mal seine Fähigkeiten.
Darüber hinaus bietet der immer wieder teils sehr harte Splatter-Effekte. Deren Machart befindet sich dabei auf gutem Genre-Niveau, auch wenn weder in Sachen Originalität noch Quantität Bäume ausgerissen werden. Aber insbesondere der eher realistische Stil der Effekte weiß zu gefallen. Zusammen mit den teils atemberaubenden Synthesizer-Klängen und 70’ies-Sounds tragen sowohl die blutigen als auch die akustischen Effekte stark zum tollen Stil des Films bei.
Leider verweigern die erwähnten Diskrepanzen zwischen Drehbuch und Inszenierung dem Film höhere Weihen. Zu unpassend wirken flache Storyline und anspruchsvolle Inszenierung. Wenn man sich hier für eine Seite entschieden hätte, wäre mit Sicherheit ein (noch) besserer Streifen dabei herausgekommen. Aber auch so bleibt ASPHALT-KANNIBALEN ein Film, der vollkommen zu unrecht ein Schattendasein führt (was allerdings auch sicherlich am gänzlichen Fehlen einer adäquaten Veröffentlichung liegt). Doch gerade deshalb sei der Film allen Freunden des italienischen Films ans Herz gelegt.
Vollkommen zu Unrecht wenig beachteter Genre-Mix des italienischer Kinos, der obendrein noch mit teils heftigen Effekten aufwarten kann.
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